Ein umfassendes Geständnis des Lebensgefährten der abgesetzten Vizepräsidentin des Europaparlaments lässt aufhorchen. Er bestätigt die Vorwürfe der Bestechung.
Wien, 15. Dezember 2022 | Im Skandal um eine mutmaßliche Einflussnahme aus dem Golfemirat Katar auf politische Entscheidungen im Europaparlament hat der Lebensgefährte der abgesetzten Europaparlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili ein Geständnis abgelegt. Der Italiener Francesco Giorgi hat vor den Ermittlern zugegeben, Schwarzgelder angenommen zu haben, berichtet die römische Tageszeitung “La Repubblica”.
Weitere Abgeordnete unter Verdacht
Medienberichten zufolge hat Giorgi zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Marokko und Katar benutzt wurde, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen und diese zu beeinflussen. Seine Aufgabe soll die Verwaltung von Bargeld gewesen sein.
Giorgi habe außerdem angedeutet, die beiden Abgeordneten der S&D-Fraktion im EU-Parlament, Andrea Cozzolino und Marc Tarabella, zu verdächtigen Geld über den ehemaligen italienischen EU-Abgeordneten Antonio Panzeri Geld angenommen zu haben. Marokko soll über seinen externen Informationsdienst „Dged“ in die mutmaßliche Bestechungsaffäre verwickelt sein. Aus den eingesehenen Dokumenten geht hervor, dass Panzeri, Cozzolino und Giorgi in Kontakt mit dem „Dged“ und Abderrahim Atmoun, dem marokkanischen Botschafter in Polen, standen.
Geldverwaltung über NGO
Im Zentrum der Ermittlungen der belgischen Justiz steht das Netzwerk Panzeris. Dieser war lange Jahre Mitglied des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), derzeit die stärkste Oppositionspartei in Italien. Die Staatsanwaltschaft Brüssel ist sich sicher, dass bei Panzeri die Fäden zusammenliefen, wenn es darum ging, politische und wirtschaftliche Entscheidungen des EU-Parlaments zugunsten von Staaten wie Katar oder Marokko zu beeinflussen.
Eine zentrale Rolle nahm dabei die von Panzeri nach seinem Ausscheiden aus dem EU-Parlament 2019 gegründete Nichtregierungsorganisation „Fight Impunity“ (siehe Titelbild). Er soll das Geld aus Katar verteilt haben, um Entscheidungen des Parlaments im Sinne des Emirats zu beeinflussen.
U-Haft
Panzeri sitzt in U-Haft, auch seine Frau und seine Tochter wurden festgenommen. Luca Visentini, Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, der die Arbeitsmarktreformen in Katar als “Erfolgsgeschichte” gerühmt hatte und ebenfalls in die Affäre verwickelt ist, kam am Sonntag unter Auflagen wieder frei. Noch am 25. Oktober hatte Visentini in einem Interview Katar als reformorientiertes Land gelobt.
(nb/apa)
Titelbild: JOHN THYS / AFP / picturedesk.com