Start Meinung Wer für den Verbrenner brennt

Wer für den Verbrenner brennt

31
Wer für den Verbrenner brennt

Frächter erhalten bei der Maut vom österreichischen Staat jetzt fette Rabatte. Möglich macht das die grüne Umweltministerin, die als Kapitalistin agiert und der Ökologie eine Absage erteilt.

In einer Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich zur Begutachtung einer von Ministerin Gewessler vorgeschlagenen Änderung des BStMG (Bundesstraßenmautgesetzes) vom 8. September 2023 heißt es: »Wir begrüßen die gänzliche Aussetzung der Valorisierung der fahrleistungsabhängigen und zeitabhängigen Mauttarife für 2024. Der Entfall der Inflationsanpassung der Infrastrukturkostenmaut im Jahr 2024 um + 8,6 % stellt eine Kostenentlastung für unsere Mitglieder dar.« Um es verständlicher auszudrücken: Die grüne Umweltministerin entlässt den Frächtern jene Teuerung, die die Konsumentinnen und Konsumenten zu bezahlen haben und mit der sie jeden Tag kämpfen.

Was eigentlich ein Skandal ist, geht in der österreichischen Politikwurstigkeit unter. Offenbar könnte man das vom Kanzler so heftig beworbene Schnitzel für den Konsumenten um 500 % verteuern, während den Produzenten und Lieferanten die Inflationsanpassung entfällt. Dass die Österreicherinnen und Österreicher das auf sich sitzen lassen, dass es in diesem Land keine Revolution gibt – ich verstehe es einfach nicht. Die Hybris der Mächtigen scheint diese für das österreichische Volk mehrheitlich respektabler zu machen. Ein Masochismus, der die Peiniger weiter anzuspornen scheint.

Ein Herz für die Wirtschaft

Die grüne Umweltministerin hat ein Herz für die Wirtschaft und bekommt auch prompt Applaus von ihr. Offensichtlich hat sie sich das Festhalten am Verbrenner, das der Kanzler in seiner »Zukunftsrede« für Österreich verkündet hat, schnell zum Programm gemacht. Sie beweist so, was die vergangenen Jahre sichtbar gemacht haben: Die 2019 wieder in den Nationalrat eingezogenen Grünen sind eine nicht nur personell, sondern auch inhaltlich neu aufgestellte Truppe, die ein Klon der ÖVP ist. Ein ÖVP-Umweltminister hätte nichts anderes getan als Gewessler. Ökologie? Davon ist keine Rede mehr.

Freilich muss die »Valorisierung« auch jemand bezahlen, denn sie bedeutet ja de facto ein Minus im Budget. Das übernimmt jene Gruppe, die über schier unendliche Geduld und Belastbarkeit zu verfügen scheint: die österreichischen Steuerzahler. Während Deutschland seine Maut mit einer CO2-Abgabe deutlich erhöht, lässt sich der österreichische Staat laut ExpertInnen der Arbeiterkammer 2,3 Milliarden Mehreinnahmen entgehen. Diese Einnahmen kämen nicht vom privaten Personenverkehr, sondern von Lkw mit vier Achsen, also den Frächtern.

Die Falle des Pro-Autofahrer-Populismus

Der billige Populismus, mit dem die Regierung und die österreichische Boulevardpresse sich immer wieder für »die Autofahrer« stark macht, zeigt endlich seine verheerende Wirkung. Jetzt werden Äpfel mit Birnen verwechselt. Denn genau diese Autofahrer bezahlen nun dafür, dass die Frächter in der von der Regierung verursachten Rekordinflation staatliche Stützungen bekommen, sie selbst aber nicht. Sie brennen in Wahrheit für den Verbrenner, obwohl der Frachtverkehr für die jährliche Steigerung des CO2-Ausstosses verantwortlich ist und nicht der Individualverkehr. Doch das macht den Menschen leider niemand klar. Es regiert in diesem Land die Kronen Zeitung und die Nehammers und Gewesslers führen nur ihre Befehle aus.

Die Klimakleber als Feindbild reichen schon dafür aus, diesen Populismus täglich weiterzutreiben, um den Menschen den Blick auf die tatsächliche vor sich gehende Umverteilung zu verstellen. Hier müssten auch Öko-Aktivisten genauer hinschauen. Zum einen müssten sie solche Skandale verständlich kommunizieren. Zum zweiten müsste sich das Ziel ihres Aktivismus stärker gegen den Wahnsinn des Transits und des Paketzustellungswahnsinns richten, deren Abgaben jetzt vom Staat rabattiert werden.

Benutzung der Krise für die Umverteilung nach oben

Auch in der Inflationskrise zeigen sich die Grünen als kapitalistische, von der ÖVP nicht zu unterscheidende Partei. Sie agieren hier nach einem Muster des Kapitalismus, das Karl Kautsky schon in den Erläuterungen zum Erfurter Programm der Sozialdemokratie exakt beschrieben hat: »Unter den Krisen leiden alle Klassen, mit Ausnahme einiger der bestgestellten Kapitalisten, die den allgemeinen Zusammenbruch benutzen, Beute zu machen und mit dem Gut der auf dem wirtschaftlichen Schlachtfeld Gebliebenen ihre Taschen zu füllen.«

Unsere Gesellschaft bewegt sich rückwärts. Daher sieht sie auch den Abgrund nicht, der sich hinter ihr befindet.

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Wisser

    Daniel Wisser ist preisgekrönter Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Scharf und genau beschreibt er, wie ein Land das Gleichgewicht verliert.

31 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare