Am Landesgericht Wien wurden am Montag der FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein und eine frühere Mitarbeiterin aus dem Kickl-Kabinett wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Für Egisto Ott setzte es hingegen einen Freispruch.
Punktesieg für Egisto Ott: Der langjährige, mittlerweile berüchtigte BVT-Beamte wurde Montagnachmittag am Wiener Straflandesgericht von den Vorwürfen gleich dreier Strafanträge freigesprochen. Ott war darin vorgeworfen worden, gegen das Amtsgeheimnis verstoßen- und sensible Informationen weitergegeben zu haben.
Passiert sei das laut Staatsanwaltschaft rund um den BVT-Untersuchungsausschuss 2018 und den Ibiza-Ausschuss 2021 im Zuge von Chats zwischen Ott und dem FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein. Laut Anklagebehörde hätte es eine “Kooperation” gegeben, die Infos “politisch und medial” zu verwerten.
Für das Gericht war jedoch nicht feststellbar, dass dabei Straftaten begangen wurden. “Wir konnten im Endeffekt nicht mit der, für die Strafe erforderlichen Sicherheit feststellen, woher die Informationen gekommen sind”, so die Vorsitzende Richterin bei Urteilsverkündung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Staatsanwalt hat bereits eine Nichtigkeitsbeschwerde angekündigt.
Schuldsprüche für zwei Kickl-Vertraute
Für Hans-Jörg Jenewein, ebenfalls angeklagt, setzte es dagegen einen Schuldspruch – er wurde wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch verurteilt. Hier ging es wiederum konkret um einen Austausch zwischen Jenewein und einer früheren Mitarbeiterin des Kabinetts von Ex-Innenminister Herbert Kickl. Diese hatte der damalige Abgeordnete aufgefordert, Informationen rund um europäische Geheimdiensttreffen zu beschaffen, auch dieser Vorgang fand rund um den BVT-Ausschuss statt. “Für uns liegt hier der Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt auf der Hand”, so die Richterin. Die Informationen hätten “nicht so übermittelt” werden dürfen.
Jenewein und die Mitarbeiterin wurden jeweils zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt, auch diese Strafen sind noch nicht rechtskräftig. Inkludiert ist dabei ebenfalls ein Verstoß Jeneweins gegen das Waffengesetz, weil bei einer Hausdurchsuchung 2021 (über die die Ermittler auch an die Chat-Konversationen kamen) auch ein verbotener Schlagring gefunden worden war. Dazu kommt: Der Ex-FPÖ-Abgeordnete und aktuelle Parlamentsmitarbeiter der Freiheitlichen war erst im Dezember wegen gefälschter Covid-Zertifikate zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Freigesprochen wurde Jenewein vom Vorwurf des Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen – der Ex-Politiker hatte im U-Ausschuss Zeugen heimlich fotografiert, eine Schädigungsabsicht konnte laut Richterin aber nicht nachgewiesen werden. Auch zu den von Ott erhaltenen Infos (hier war er wegen Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses angeklagt) wurde er wie dieser freigesprochen. Ein vierter Angeklagter und Kontaktmann Otts ging ebenfalls straffrei.
“Geheime” Namen standen im Amtskalender
Otts Anwälte Josef Phillip Bischof und Jürgen Stephan Mertens hatten im am Freitag neu aufgesetzten Prozess versucht zu argumentieren, dass die vom Ex-BVT-Mann verschickten Infos nicht geheim gewesen wären. Ein von Ott an Jenewein 2018 verschicktes, angeklagtes “Lederhosen”-Foto, das zwei BVT-Beamte und einen südkoreanischen Geheimdienstler zeigte, war hier immer wieder Thema. Auf dem Bild hinzugefügte Namen der Ermittler seien auch im öffentlich zugänglichen Amtskalender gestanden, führten die Anwälte ins Treffen. Generell sei es Ott laut Verteidigung darum gegangen, sich mit angeblichen Missständen an einen zuständigen Parlamentarier zu wenden.
Ein am Montag befragter Zeuge, der Ott-Bekannte und Polizist Anton H., bemühte sich zudem, damalige Informationsflüsse mit Ott zu verschleiern – an vorgelegte Chats mit seinem Namen könne er sich etwa nicht mehr erinnern. Direkt im Dienst befindliche Beamte habe man für die angeklagten Leaks nicht angezapft-, sondern nur Gerüchte aus Online-Foren oder in von Polizisten besuchten Lokalen aufgeschnappt. An dieser schrägen Darstellung konnten auch die Zeugenaussagen vom ehemaligen BVT-Direktor Peter Gridling und einer Vertreterin der DSN nichts ändern. Ihre Aussagen fanden großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Ermittlungen gegen “Quälgeist” Ott gehen weiter
Nicht Gegenstand des Prozesses waren die Spionage-Vorwürfe gegen Ott – deswegen war er bekanntlich letztes Jahr am Karfreitag verhaftet worden. Nach knapp drei Monaten U-Haft wurde er im Juni 2024 mangels Tatbegehungsgefahr wieder enthaftet. Zu diesen, auch international viel beachteten Vorwürfen, wird nach wie vor ermittelt. Otts Anwälte halten ihren Mandanten hingegen nur für einen “Quälgeist”, der sich im BVT viele Feinde gemacht hätte und aus politischen Gründen verfolgt werde, behaupteten sie im Prozess. Man wird sehen: Erst am Freitag wurden in London drei bulgarische Spione verurteilt, die direkt mit den Vorwürfen gegen Ott in Verbindung stehen.
Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com