Finanzminister Markus Marterbauer stellte sich am Freitag im vierten Wiener Gemeindebezirk kritischen Fragen des überwiegend parteiinternen Publikums. Der Sozialdemokrat rechtfertigte den von ihm eingeschlagenen Sparkurs.
Quer durch Österreich stöhnen Interessensvertretungen und Bürgerinnen über unterschiedliche Details der von der Regierung verordneten Sparpolitik. Populär war sparen noch nie. Das wusste auch Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) am Freitag bei seinem weitgehend SPÖ-internen „Budget-Talk“: „Wir sanieren den Staatshaushalt. Das wird uns möglicherweise berühmt, aber nicht beliebt machen“. Marterbauer nutzte den Termin, um das anwesende Publikum von der Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung zu überzeugen. Er kündigte bereits zu Beginn der Veranstaltung an, alle Maßnahmen der Regierung erklären und verteidigen zu wollen.
Staatsschuld bremsen
Marterbauers wichtigstes Argument für eine sofortige Sanierung des Staatshaushaltes: Die steigende Staatsschuld. Ohne Sparmaßnahmen der Bundesregierung würde die Verschuldungsquote bis 2029 auf 96 Prozent der Wirtschaftsleistung Österreichs steigen. Für den Finanzminister eine gefährliche Entwicklung, denn je höher die Staatsschulden, desto stärker die Abhängigkeit Österreichs von den entsprechenden Geldgebern – meist Banken.
Für die hohe Staatsverschuldung seien Marterbauer zufolge die vorherigen Regierungen verantwortlich zu machen. Allein die Abschaffung der Kalten Progression kostete seit ihrer Einführung 2023 rund sieben Milliarden Euro. Die unter Türkis-Grün vorgenommene Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen von 25 auf 23 Prozent kostet Österreich heuer eine Milliarde. Die Steuererleichterungen seien von den letzten beiden ÖVP-Koalitionen nicht gegenfinanziert gewesen, so Marterbauer. Das habe man auch beim mittlerweile abgeschafften Klimabonus gesehen. Bei der Ausschüttung des Bonus habe man fast doppelt so viel ausgegeben, wie man durch die CO2-Steuer eingenommen habe.
Anhebung der Krankenkassenbeiträge
Dass der Staat nicht nur bei den Ausgaben spare, sondern auch versuche, zusätzliche Mittel einzunehmen, sei vor allem der Sozialdemokratie zu verdanken, sagte Marterbauer unter Hinweis auf die Bankenabgabe und Anpassungen bei der Grundsteuer. Aus sozialdemokratischer Sicht weniger populär war die Anhebung der Krankenkassenbeiträge von Pensionisten und Pensionistinnen von 5,1 auf 6 Prozent. Denn Bezieher kleinerer oder mittlerer Pensionen gehören zum Stammklientel der SPÖ. Marterbauer versuchte, die Maßnahme mit dem sozialdemokratischen Solidaritätsgedanken zu rechtfertigen. Die Gesundheitsversorgung in Österreich wäre auf Dauer nur dann finanzierbar, wenn möglichst viele Menschen für diejenigen, die es wirklich brauchen, möglichst viel einzahlen würden.
Schwerpunkt gegen Steuerbetrug
Im zweiten Regierungshalbjahr will Marterbauer vor allem gegen Steuerbetrug vorgehen. Hier machte der Sozialdemokrat keinen Unterschied zwischen Großkonzernen und Marktstandlern: „Ich werde Steuerbetrug überall bekämpfen – ob’s im Kleinen oder Großen ist.“ Marterbauer ging es dabei auch um Vorbildwirkung: „Der Konkurrent vom Steuerehrlichen ist der Steuerbetrüger. Wenn ich sehe, dass mein Nachbar keine Steuern zahlt, wieso sollte ich dann welche zahlen“.
Eine Priorität sei die Zerschlagung von Umsatzsteuerkarussellen auf europäischer Ebene. Bei der stärkeren Besteuerung von internationalen Großkonzernen sah Marterbauer weniger Spielraum. Hier brauche es europaweite Initiativen, für die sich Österreich auch starkmache.
Offene Reaktion auf Publikumsfragen
Nach seinem Kurzvortrag beantwortete der Finanzminister eine Stunde lang Fragen aus dem Publikum. Sachkundig, entschieden und mit Witz verteidigte er dabei seine Positionen und die Maßnahmen der Regierung – etwa bei der Förderung der Pendlerpauschale, zukünftigen Pensionsanpassungen und der Erhöhung des Verteidigungsbudgets.
Bei letzterem ließ er aber durchblicken, dass die angepeilten zwei Prozent des BIP bis 2032, wie es im Regierungsprogramm steht, unrealistisch sind: „Wir werden den Verteidigungshaushalt ausweiten. Im Regierungsprogramm stehen zwei Prozent Verteidigungsausgaben, das ist aber nicht finanzierbar.“ Nur wenn eine entsprechende Gegenfinanzierung gefunden wird, könne das Ziel von zwei Prozent erreicht werden, fügte Marterbauer hinzu.
Auch einigen anderen Anregungen aus dem Publikum erteilte er – für einen Politiker durchaus erfrischend direkt – Absagen. Marterbauer ließ durchblicken, dass in absehbarer Zukunft keine Digital- oder KI-Steuer kommen werde, dass er gegen eine Senkung der Lohnnebenkosten in kleinen Betrieben ist, dass er hinter den Sozialversicherungsabgeben beim Trinkgeld stehe und dass Vermögens- und Erbschaftssteuern für diese Regierungsperiode kein Thema mehr für ihn sind.
Titelbild: Marnie Wilkinson