Sonntag, Juli 20, 2025

Dubai-Connection und Takacs: Brisante Anfrage zu Firma in Emiraten

Die Beziehung eines Lobbyisten mit der Polizei, allen voran mit Polizeidirektor Michael Takacs, wirft Fragen auf. In einer Anfrage der Grünen wird eine mögliche Firmengründung anhand des Transkript einer Sprachnachricht erwähnt. Takacs dementiert, der Lobbyist widerruft. ZackZack liegt umfangreiches Material zur Causa vor.

Was macht die österreichische Bundespolizei in Dubai? Welche Funktion hat ein heimischer Geschäftsmann in der Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und den Vereinigten Arabischen Emiraten? Und spielt dieses Naheverhältnis für Beamte wie Bundespolizeidirektor Michael Takacs auch privat eine Rolle?

ZackZack wurde ein Konvolut aus Dutzenden Mails, Dokumenten und Gesprächsprotokollen zugespielt, welche heikle Fragen aufwerfen. Zur Causa wurde auch eine parlamentarische Anfrage der Grünen eingebracht. Im Zentrum der Unterlagen, die ZackZack auch dem Standard zur Verfügung gestellt hat, steht ein Unternehmer, der seit Jahren im Umfeld von Innen- und Verteidigungsministerium aktiv ist. Er organisiert Events, mischt bei Sicherheitsfirmen mit und bezeichnet sich als Experte im Bereich von Spezialeinheiten.

Mit BMI-Auftrag in Dubai?

In sozialen Medien setzt der Unternehmer viel daran, ein prominentes persönliches Netzwerk zu präsentieren. Neben Fotos mit hohen Polizeibeamten lächeln dort heimische Spitzenpolitiker und Diplomaten in die Kameras. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind mittlerweile der geschäftliche Schwerpunkt des Lobbyisten. Seine Firma ist in dem Wüstenstaat ansässig – und geht es nach ihm, ist das österreichische Innenministerium dort ihr Kunde.

Er sei “seit 4 Jahren in Dubai für die Österreichische Bundespolizei daheim”, schrieb der Unternehmer in einem Mail heuer im März an einen arabischen Kontaktmann. In einer weiteren Nachricht Anfang Jänner beschrieb er sich als “Ansprechpartner für den europäischen Raum in der Zusammenarbeit mit der Dubai Police (SWAT) und auch dem Innenministerium der VAE.”

Ein Privatmann, der in der polizeilichen Kooperation mit den Emiraten mitmischt? Das lässt aufhorchen. Bekannt ist, dass Österreich 2021 eine “strategische Partnerschaft” in wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Fragen mit dem Golfstaat einging. Von einem besonderen Interesse des Innenministeriums, vor allem unter Einbindung privater Geschäftsleuten war bislang nichts zu hören.

“Taki war heute sehr motiviert”

Besonders bemerkenswert ist das Naheverhältnis zu Österreichs zweithöchstem Polizisten – Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Heuer im Jänner meldete sich der Lobbyist mit „lieber Michael“ und „lieber Etienne“ beim Polizeigeneral und Emiraten-Botschafter Etienne Berchtold und bot an, im Zuge eines von der Dubai Police veranstalteten Events Kontakte „herzustellen“ oder „aufzufrischen.“

Ein persönliches Treffen mit Takacs erfolgte dann am 25. März 2025 in der Rossauer Kaserne. Mit Takacs Büro wurde vorab ein eineinhalbstündiger Termin akkordiert, wie Mails zeigen. Einem öffentlichen Posting und gemeinsamen Foto zufolge, das von dem Lobbyisten danach geteilt wurde, sei beim Treffen die “Arbeit für die österreichische Bundespolizei in den Emiraten” Thema gewesen.

Was zwischen den beiden sonst besprochen wurde, darüber könnte das Transkript einer Sprachnachricht Auskunft geben, das Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage der Grünen ist. Die Sprachnachricht sei demnach von dem Mann nach dem Termin verschickt worden.

“Taki war heute sehr motiviert”, heißt es im Gesprächs-Transkript laut parlamentarischer Anfrage. Der Bundespolizeidirektor habe ihn “auch gefragt, ob es die Möglichkeit gäbe, dass wir beide eine Firma in Dubai gründen, also er und ich.” Dies könnte sich der Unternehmer ausdrücklich vorstellen.

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Wurden in der Rossauer Kaserne private Geschäfte in Dubai geplant? Österreichs zweihöchster Polizist Michael Takacs dementiert und kontert mit eidesstättiger Erklärung. Foto: APA/Max Slovencik

Und der Geschäftsmann sei laut grüner Anfrage über das gesteigerte Interesse des Polizeigenerals offenbar selbst erstaunt gewesen: “Ist aber sehr sehr spannend, dass er jetzt daherkommt, weil er mich dann ein bisschen ausgefragt hat, wie das so läuft mit Transaktionen, und er möchte halt als Berater im arabischen Raum.” Ein Bundespolizeidirektor, der bei einem Termin in seinem Büro mögliche Geschäfte in Dubai besprochen haben soll macht freilich stutzig. Das war aber noch nicht alles.

“Geheimdienst-Jungs drauf angesetzt”

Geht es nach dem Transkript aus der Anfrage der Grünen, sei mit Takacs noch ein weiteres, heikles Thema besprochen worden – Informationen zu gesuchten Personen. “Er hat mir auch ein paar Unterlagen gegeben von Leuten, die gesucht werden, zu einem sehr bekannten Fall, wo ich jetzt auch schon ein paar unserer Geheimdienst-Jungs drauf angesetzt hab dass wir schauen, ob wir möglicherweise die Person finden.”

Auch dieser angebliche Vorgang lässt aufhorchen: Um welche Unterlagen könnte es sich gehandelt haben? Betrifft eine potenzielle “Suche” mithilfe von “Geheimdienst-Jungs” möglicherweise den berüchtigten Spionage-Flüchtling Martin Weiss? Der frühere BVT-Abteilungsleiter und Jan Marsalek-Intimus wird bekanntlich in den Emiraten vermutet; seit vier Jahren schaffen es Ermittler nicht, seiner habhaft zu werden. Sollte deshalb ein Privatmann ausrücken, der sich laut grüner Anfrage als „Vertrauensmann von Michi und für viele andere“ bezeichnet?

Eidesstättige Erklärung soll alle Aussagen revidieren

Auf eine gemeinsame Anfrage von ZackZack und Standard legt Takacs nach 24 Stunden eine eidesstättige Erklärung des Lobbyisten vor, die offenbar kurz nach Einbringen der grünen Anfrage aufgesetzt wurde. Darin revidiert der Unternehmer sämtliche Äußerungen, die laut Transkript der Anfrage von ihm selbst getätigt worden wären. Er verpflichtet sich zudem, derartige Aussagen künftig zu unterlassen. Laut Takacs dürfe die Erklärung “weder zitiert, weitergeleitet noch veröffentlicht werden.”

“Ich ersuche um Verständnis, dass ich darüber hinaus zu dem Ihnen vorliegenden Transkript einer offensichtlich privaten Sprachnachricht, die nicht von mir stammt, nicht Stellung nehmen kann und werde”, heißt es dazu noch vom Bundespolizeidirektor.

Zeitgleich meldete sich auch der Anwalt des Unternehmers: “Zu Ihrer Anfrage ersuche ich um Verständnis, dass mein Mandant zu einem angeblichen Transkript über eine offensichtlich private, einem einzelnen Empfänger übermittelte Sprachnachricht inhaltlich keine Stellung nehmen wird. Weder Echtheit noch Richtigkeit des uns nicht vorliegenden Transkripts können derzeit beurteilt werden. Jedenfalls möchte mein Mandant betonen, dass er zu keinem Zeitpunkt ein rechtswidriges Verhalten gesetzt hat.”

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“Unterlagen zu gesuchten Personen” und ein “sehr bekannter Fall”: Erinnerungen an den Dubai-Flüchtling Martin Weiss werden wach.

Nebengeschäfte im BMI

Auf generelle Tätigkeiten des Unternehmers für die Bundespolizei gehen beide Beteiligten nicht ein. Fest steht jedenfalls, dass Takacs nicht der einzige Polizist mit gutem Draht zum Geschäftsmann ist. In dem ZackZack und Standard vorliegenden Datensatz findet sich eine Vielzahl entsprechender Kommunikation; darunter auch Pläne, den Beamten einer Spezialeinheit Anteile einer Firma in Ungarn zu verkaufen.

Die Causa lässt an das problematische Spannungsfeld von dienstlichen Tätigkeiten und privaten Geschäften im Innenministerium denken. Im früheren Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) wurden etliche Fälle bekannt, die für Skandale sorgten. Auch Dubai war damals schon Thema. Mittlerweile wurden Regeln für Verfassungsschützer verschärft, bei anderen Beamten des Innenministeriums bleiben Nebenjobs gefragt. Eine parlamentarische Anfragebeantwortung von 2024 zeigt, dass von 6.253 BMI-Bediensteten rund 800 einer genehmigten Nebenbeschäftigung nachgehen. Unter Führungskräften sind es 35.

Was Michael Takacs betrifft, so ist es nicht das erste Mal, dass der Bundespolizeidirektor wegen Aussagen von guten Bekannten in die Bredouille gerät. In der Affäre Pilnacek gab es etwa gut dokumentierte Gespräche der Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. und einer angeblichen Kontaktaufnahme mit Takacs bezüglich des Pilnacek-Laptops. Takacs bestreitet diese Aussagen vehement. P. revidierte wiederum heuer ihre zuvor gegenüber dem Journalisten Michael Nikbakhsh getätigten Aussagen.

“Takacs taucht immer wieder im Umfeld von skurrilen Machenschaften auf”, sagt dazu der grüne Abgeordnete David Stögmüller. Zur Klärung der Angelegenheit könnte seine bereits eingebrachte parlamentarische Anfrage beitragen. Auch Stögmüller will geklärt wissen, ob eine Firmengründung besprochen- oder Unterlagen weitergegeben wurden. Und auch, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Update 13:00: Das BMI antwortet: Seitens der Bundespolizeidirektion gebe es “keine geschäftlichen Beziehungen” mit dem Lobbyisten. “Auch übt er keine Tätigkeit für die Bundespolizei in den Emiraten aus.”


Titelbild: Pixabay/ZackZack/Montage

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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