Dienstag, August 19, 2025

Alaska-Appeasement

Die USA und die NATO-Führung deuten Gesprächsbereitschaft über die von Russland kontrollierten ukrainischen Gebiete an. Für das einst gefürchtete Militärbündnis ein ultimatives Zeichen der Schwäche.

Am Freitag, den 15. August, sollen Vladimir Putin und Donald Trump in Alaska zusammentreffen, um sich über den Krieg in der Ukraine auszutauschen. Es werden Gespräche über die Ukraine und ohne die Ukraine werden. So hat man es gerne in der Demokratie. Wenn die Gespräche also Beschlüsse bringen, werden es Beschlüsse über den Kopf der Ukraine hinweg sein. Luke Broadwater in der New York Times:

Während sich der russische Präsident Wladimir W. Putin auf sein Treffen mit Präsident Trump am Freitag in Alaska vorbereitet, erklärte Vizepräsident JD Vance am Sonntag, dass die USA daran arbeiten, ein Treffen zu organisieren, an dem auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilnehmen soll.

Herr Vance sagte in der Fox News-Sendung „Sunday Morning Futures“, dass er es für keine gute Idee halte, wenn sich Herr Putin und Herr Selenskyj vor dem Treffen zwischen Herrn Trump und Herrn Putin am Freitag treffen würden. Er schlug jedoch vor, dass sich die drei Staatschefs treffen könnten, und dass die USA ein solches Treffen planen möchten.

Wie schwach die USA inzwischen sind, wenn es um Fragen von Recht und Demokratie geht, sollte wenigstens ihre europäischen NATO-Verbündeten endlich aus dem Schlaf rütteln. Der rechtskonservative Trump-Fan und NATO-Generalsekretär Mark Rutte ließ bereits verlauten, worauf die Sache hinausläuft. Die ZEIT formuliert es so:

Vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin zum Krieg in der Ukraine rückt die Debatte um mögliche Gebietsabtretungen des von Russland angegriffenen Landes in den Mittelpunkt. Nato-Generalsekretär Mark Rutte machte deutlich, dass sich Gespräche über die von Russland kontrollierten Gebiete bei künftigen Verhandlungen kaum vermeiden ließen.

Das heißt, dass inzwischen auch für die NATO gilt: Ein großes Land kann ein anderes Land einfach überfallen, dort Menschen töten und widerrechtlich Land annektieren. Wenn es schließlich „nur Gebiete fordert“, um einem (wahrscheinlich ohnehin nur zeitlich begrenzten) Frieden zuzustimmen, wird der Angriffskrieg damit von der NATO legalisiert. Welches Recht da gilt, kann niemand genau sagen. Anastasia Magasowa in der TAZ:

Am Freitag wollen der US-Präsident und der Kremlchef in Alaska über einen „Territorialaustausch“ beraten, im Zuge dessen der Kreml einem Waffenstillstand zustimmen würde. Trump hatte bereits zuvor durchsickern lassen, dass er den Verzicht von Land seitens der Ukraine als akzeptable Lösung zur Beendigung des Kriegs ansieht.

Ist sich der US-Präsident im Klaren darüber, dass dieser „Gebietsaustausch“ bedeutete, dass ukrainisches Territorium gegen ukrainisches Territorium getauscht würde? Dieses Vorgehen wäre nicht nur moralisch fragwürdig, sondern widerspräche auch Gesetzen und dem Völkerrecht. Selenskyj erinnerte mehrmals daran, dass es auch in der Ukraine eine Verfassung gibt, welche die territoriale Ordnung des Landes regelt. Diese darf nicht gewaltsam geändert werden – insbesondere nicht, ohne die Ukraine einzubeziehen.

Demokratiedefizit bei der NATO

Die europäischen NATO-Staaten sind dabei, sich von der Demokratie abzuwenden. Sie halten dem wichtigsten Unterstützer der terroristischen Hamas, nämlich der Türkei, die Stange und helfen mit, die Demokratiebewegung in diesem Land zu unterdrücken. Ebenso helfen sie, die Demokratiebewegungen Serbiens klein zu halten. Damit nähern sich Russland und NATO im Wesentlichen an.

Das gilt auch für die beiden rechten Parteien Österreichs: Die FPÖ macht aus ihrer Unterstützung für den Krieg Putins keinen Hehl. Und in der ÖVP sind immer noch jene am Ruder, die ihre Begeisterung für Donald Trump zum Ausdruck bringen. Auch Christian Pilnacek hatte ja einst gesagt: „Uns fehlt ein Trump!“ Die ÖVP-nahe Tageszeitung Die Presse spricht offen aus, dass hier ohne die Ukraine über die Ukraine entschieden wird:

Am 15.August soll der Gipfel zwischen ­US-Präsident Trump und Kreml-Chef Putin in Alaska stattfinden. Nähere Details zum Ablauf des Treffens wollte Trump erst später bekannt geben. Allerdings war auch sonst noch einiges im Unklaren, was die Gespräche der beiden Staatsoberhäupter betrifft, die einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg allein unter sich aushandeln wollen.

Das Appeasement Russland gegenüber zeigt vor allem die Schwäche der USA. Der wirtschaftliche Zerfall, den Donald Trump über sein Land bringt, macht ihn gegenüber China und Russland noch machtloser. Legalisiert er den russischen Angriff auf die Ukraine mit seinem Appeasement, so ist das ein klarer Kniefall vor Russland. Sein Vize-Präsident hat ohnehin schon zugegeben, dass es den USA in diesem Krieg nur um eines geht: Geld zu verdienen. Luke Broadwater in der New York Times:

Lange Zeit skeptisch gegenüber der Finanzierung von Waffen für die Ukraine, sagte Herr Vance, dass die Trump-Regierung nicht länger die Verteidigung finanzieren wolle, aber kein Problem damit habe, dass die Ukraine amerikanische Waffen von US-Unternehmen kaufe.

„Wir sind fertig mit der Finanzierung des Krieges der Ukraine“, sagte Herr Vance. „Wir wollen eine friedliche Lösung für diese Angelegenheit erreichen. Wir wollen das Töten beenden. Aber ich glaube, die Amerikaner haben es satt, weiterhin ihr Geld, ihre Steuergelder, für diesen speziellen Konflikt auszugeben.“ Er fuhr fort: „Aber wenn die Europäer sich engagieren und tatsächlich Waffen von amerikanischen Herstellern kaufen wollen, sind wir damit einverstanden. Aber wir werden das nicht mehr selbst finanzieren.“

Was für ein Armutszeugnis für die USA und die europäischen NATO-Staaten, die Trump und Vance einfach gewähren lassen! Damit unterstützen sie Putins Ambitionen, das Territorium der früheren UdSSR für sich zu beanspruchen. Er wird keine Ruhe geben, bis das gesamte Territorium der Ukraine annektiert ist. Auch damit wird es nicht zu Ende sein: Georgien und die baltischen Staaten werden folgen.

Wenn es eine europäische Sicherheits- und Außenpolitik geben soll, müssen die demokratischen Kräfte in den europäischen NATO-Staaten zuerst den NATO-Austritt in Angriff nehmen. Das Appeasement Diktatoren und Invasoren gegenüber hat Europa schon einmal gezeigt, was es taugt: Nichts! Es ist verlogen, feige und wirkungslos.


Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com, VYACHESLAV PROKOFYEV / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Wisser

    Daniel Wisser ist preisgekrönter Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Scharf und genau beschreibt er, wie ein Land das Gleichgewicht verliert.

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