Kurz und Hanger unterstützen Anti-Korruptionsbegehren
Das Anti-Korruptionsbegehren, das der Regierung „Feuer unter dem Hintern“ machen will, wird von Sebastian Kurz unterstützt – selektiv und faktenverdrehend. Andreas Hanger will es sogar unterschreiben.
Wien, 16. Juni 2021 | Am Dienstag wurde das Anti-Korruptionsbegehren von Verfassungsrechtler Heinz Mayer, Ex-ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath und LIF-Gründerin Heide Schmidt präsentiert. Mit 72 Forderungen soll der Kampf gegen Korruption in Österreich verbessert werden.
Zwar habe Österreich seit Jahrzehnten ein „schlampiges Verhältnis“ zu Korruption, doch das System drohe zu kippen. Hauptgrund für den Ex-ÖVP-Abgeordneten Ikrath: “Gerade die Verdachtsfälle der jüngsten Zeit.“ Ein klarer Wink Richtung türkiser ÖVP und Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Kanzler streut Fake News
So kommt es für viele überraschend, dass der Bundeskanzler einer der ersten war, der öffentlich das Volksbegehren unterstützt. In einer schriftlichen Stellungnahme erwähnte er allerdings nur ausgewählte Punkte der Initiative. So etwa den Bundesstaatsanwalt oder etwa Datenschutzrechte im Untersuchungsausschuss.
Allerdings zitierte Kurz das Volksbegehren in einem anderen Punkt falsch. So behauptete er: „Die Vergabe von öffentlichen Inseraten nach objektiven Kriterien wie Reichweite und Auflage, so wie wir es im Bundeskanzleramt handhaben, unterstütze ich voll und ganz.“ Das Volksbegehren fordert allerdings von der Bundesregierung das genaue Gegenteil, denn Reichweite und Auflage seien gerade keine geeigneten Kriterien.
Doch der Bundeskanzler ist nicht der einzige ÖVPler, der das Anti-Korruptionsbegehren unterstützt. U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger sagte am Mittwoch, dass er es unterschreiben wolle. Er selbst war in den vergangenen Wochen mit schweren Attacken gegen die Justiz und einzelne Staatsanwälte aufgefallen.
Opposition skeptisch
Skeptisch sieht der neue FPÖ-Boss Herbert Kickl die türkise Zustimmung zum Volksbegehren, das auch er unterstützt. “Wer weiß, wie die ÖVP im Parlament mit Volksbegehren umgeht, der weiß auch, dass niemand in der ÖVP daran denkt, die Forderungen umzusetzen, egal wie viele Unterstützer sie finden”, so Kickl in einer Aussendung. Als Nagelprobe solle Kurz seine Abgeordneten erst einmal davon überzeugen, im Nationalrat dem Antrag auf Verlängerung des Ibiza-U-Ausschusses zuzustimmen.
Vorbehaltloser, aber auch unspezifischer war die Zustimmung der Grünen. “Ich habe den Eindruck oder den positiven Verdacht, dass ich das mit den Zielen, die ich persönlich verfolge, gut in Deckung bringen kann”, so Vizekanzler Werner Kogler am Rande einer Pressekonferenz.
Als „Chuzpe“ bezeichnete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Ankündigung von Kurz, das Volksbegehren zu unterstützen. Die Unterstützung der ÖVP sei vergleichbar mit „dem Bock, der sich selbst zum Gärtner macht“. Die ÖVP attackiere die Justiz und leake Daten, um es dann der Staatsanwaltschaft „in die Schuhe zu schieben”. Er erneuerte die Forderung, den „höchst erfolgreichen“ U-Ausschuss zu verlängern.
Auch die NEOS formulierten vollste Unterstützung. “Selbst die ÖVP kann sich nun nicht mehr wegducken. Hier appellieren angesehene Persönlichkeiten aus der Mitte der Gesellschaft an die Politik und uns alle, denn wie es momentan in diesem Land läuft, kann es nicht mehr weitergehen”, erklärte Klub-Vize Nikolaus Scherak.
(bf)
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