»Reicht absolut nicht aus«
Das von der Regierung am Wochenende präsentierte zweite Energiekosten-Entlastungspaket ist ÖGB-Chef Wolfgang Katzian zu wenig angesichts der breitflächigen Teuerungen.
Wien, 21. März 2022 | Am Sonntag präsentierte die Regierung das zweite Energiekosten-Entlastungspaket. Das Energiepaket sieht eine 50-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschale und eine Vervierfachung des Pendlereuros bis 30. Juni 2023 vor. Für Negativsteuerbezieherinnen ist ein einmaliger negativsteuerfähiger Betrag von 100 Euro geplant. Das soll laut Regierung in Summe eine Entlastung über 400 Mio. Euro bringen.
Weiters sollen die Öffentlichen Verkehrsmittel billiger werden. Die Regierung stelle noch heuer 150 Mio. Euro für Preissenkungen und eine Angebotserweiterung zur Verfügung. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, wenn möglich, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.
Katzian: Einkommensabhängiger Absetzbetrag statt Pendlerpauschale
Gewerkschaftsbund-Chef Wolfgang Katzian geht das Paket nicht weit genug. Nur über die Energie zu reden und hier etwas zu tun, sei unzureichend, meinte der ÖGB-Chef am Montag im Ö1-“Morgenjournal”.
Dringend nötig sei ein Preismonitoring, eine Preiskommission zur Regulierung der Preise, wie das bei der Einführung des Euro gemacht worden sei – mit Regierung, Wifo, Nationalbank und Sozialpartnern. Aus der Steuerreform sei noch immer etwas offen, Stichwort Kalte Progression, obwohl die Preise für Arbeitnehmer und Pensionisten seit der letzten Lohnrunde explodiert seien.
“Die größten Schmerzen bei der Teuerung” gebe es bei Menschen mit niedrigen Einkommen, bei Familien mit niedrigen Einkommen, daher brauche man dort Verbesserungen. Deshalb wäre aus ÖGB-Sicht die Umwandlung des Pendlerpauschale in einen einkommensunabhängigen Absetzbetrag viel besser gewesen, denn das jetzige Pauschale und die nun präsentierten Maßnahmen würden jene mit ganz besonders hohen Einkommen begünstigen.
Die Senkung der Erdgasabgabe und der Elektrizitätsabgabe reiche nicht aus – eine wesentlich höhere Entlastung hätte eine Halbierung der Umsatzsteuer gebracht, was man auch vorgeschlagen habe, sagte Katzian. Bei der Gasabgabe erspare sich künftig ein 100-m2-Haushalt mit 14.000 kWh Gas-Jahresverbrauch zwar 88 Euro, bei der Mehrwertsteuerhalbierung wären es jedoch 132 Euro gewesen. Ähnliche Rechenbeispiele gebe es auch für die Stromabgabe.
Entlastungen reichen bei Inflationsrate von 5,9 Prozent nicht aus
“Ja, das sind Entlastungen, aber die reichen absolut nicht aus bei einer Inflationsrate von 5,9 Prozent”, so der ÖGB-Chef. Insgesamt sei am Sonntag zwar ein großes Paket präsentiert worden, es reiche aber nicht aus, nur auf dem Energiesektor etwas zu tun. Zwar gebe es natürlich die Preissteigerungen auf dem Energiesektor “insbesondere getrieben durch den Angriffskrieg in der Ukraine”, aber auch Post-Corona und natürlich die Lebensmittelpreise und die Lieferketten-Situation.
Was fehle sei ein Preisstopp, eine Absicherung des Sozialstaates – und es gebe auch “nix zum Arbeitslosengeld, das auf 70 Prozent angehoben werden müsste”, kritisierte der Gewerkschaftsboss. Es fehle auch eine Abschöpfung der Windfall Profits, denn es gebe “ganz ganz viele, die richtig richtig Kohle machen jetzt – und die werden außen vor gelassen”. Und die Energieversorger könnten zumindest einen Teil der zusätzlichen Einnahmen, die sie haben, an die Konsumenten zurückgeben. All das fehle, wie auch etwas gegen die Spekulation getan werden müsse. Wie der Auftrag an die Wettbewerbsbehörde sein werde, sehe man sich noch ganz genau an, bis jetzt kenne man nur die mündlichen Aussagen.
Wenn der Ölpreis sinkt, wäre es aus Sicht von Katzian “das Mindeste, dass sich das auch gleich an der Tankstelle niederschlägt und nicht erst 14 Tage später”. Wenn der Ölpreis steige, gehe das ruck-zuck: Am nächsten Tag oder noch am selben Tag seien die Spritpreise höher. “Wenn er runtergeht, dann warten wir mehrere Tage oder Wochen, das geht nicht.”
(bf/apa)
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