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Machtkampf in der FPÖ

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Machtkampf in der FPÖ

Das ist ein Unterüberschrift

In der FPÖ tobt ein heftiger Machtkampf, der auch ein Richtungsstreit ist. Hofer oder Kickl, Regierung oder Opposition heißt das Match.

Thomas Walach

Wien, 16. April 2021 | Die Bruchlinien waren schon lange sichtbar. Seit HC Strache die FPÖ verlassen musste, schwelt ein Machtkampf in der Partei. Klubchef Herbert Kickl steht für einen kantigen Oppositionskurs und hat dabei den Parlamentsklub hinter sich. Parteichef Norbert Hofer ist offen für eine Annäherung an die ÖVP. Sie würde ihm im Idealfall die Vizekanzlerschaft bringen. Öffentlich sprach sich Hofer stets gegen einen fliegenden Koalitionswechsel aus. Dass der Parlamentsklub sich nun genötigt sieht, einen Beschluss zu fassen, der genau das ausschließt, spricht Bände. Hofer erschien nicht einmal zur Klubsitzung; der Beschluss gegen die Linie, die ihm von den Abgeordneten unterstellt wird, fiel einstimmig.

Flügelkämpfe haben im dritten Lager Tradition. Oft genug heißt das Match: Bürgerlich rechts gegen offen rechtspopulistisch. Radikale Rechte und Kellernazis gibt es in beiden Fraktionen. Es geht um die Frage, wie sich die Partei öffentlich positionieren soll. Bis Mitte der 1980er Jahre war die FPÖ eine Kleinpartei. Sie hatte eine Kernwählerschaft um die zehn Prozent. Seit der Haider-Ära schwillt die Zustimmung zur Partei regelmäßig auf bis zu 30 Prozent an – bis Spaltung oder Skandale die Luft aus der Blase lassen. Dann fällt die FPÖ wieder auf ihr Stammklientel zurück.

Kickl kennt diese Dynamik nur zu gut. Er glaubt, dass die FPÖ diese Wellen der Wählergunst reiten muss. Ist sie im Tal angekommen, braucht sie ein ruppiges, lautes Auftreten um wieder anwachsen zu können. Das geht am besten in der Opposition. Hofer möchte die Partei dauerhaft als regierungsfähige bürgerlich-rechte Kraft etablieren. Sein Präsidentschaftswahlkampf gab ihm die Zuversicht, dass das Auf und Ab der FPÖ nicht naturgesetzlich sei. Die Partei könne – so Hofers Hoffnung – mehrheitsfähig werden.

Der Streit um die Maske

Zwischen diesen Polen schwankt die FPÖ gerade. Sinnbild für die Angelegenheit ist die andauernde Debatte um das Maskentragen im Parlament. Dabei geht es weniger um die Frage, ob das konkret vor Ansteckung schützt, sondern mehr darum, welche Wähler die Partei wie ansprechen soll. Kickl versuchte früh, die Demonstrationen der Maßnahmengegner für sich zu vereinnahmen. Dort wird die FPÖ nicht uneingeschränkt geliebt, doch das muss sie gar nicht. Es reicht, wenn die Unzufriedenen die FPÖ bei der nächsten Wahl als kleinstes Übel betrachten. Um sie anzusprechen, verweigern die Mitglieder des Parlamentsklubs die Coronamaske – alle, bis auf Hofer. Er will am Sessel des Präsidenten staatstragend wirken. Seine Vorsitzführung ist betont technokratisch-ausgleichend, mehr als die Sobotkas (der seinerseits die Maske fast nie trägt).

Hofer weiß einen großen Teil der Ländervertreter hinter sich, allen voran den stellvertretenden Landeshauptmann Oberösterreichs, Manfred Haimbuchner. Kickl kann sich beinahe uneingschränkt auf den Parlamentsklub verlassen. Dass er selbst Parteichef werden möchte, darf bezweifelt werden. Doch in den Reihen der FPÖ gibt es aufstrebende Abgeordnete wie Generalsekretär Michael Schnedlitz oder den Fraktionsführer im Ibiza-Ausschuss, Christian Hafenecker. Von Hafenecker stammt auch der Antrag im Klub, der Ambitionen auf einen Koalitionswechsel einen Riegel vorschieben sollte.

Am Freitag sah sich Norbert Hofer genötigt, die Partei per Pressaussendung zu “Ruhe und Einigkeit” aufzurufen. Beides wird es nicht geben, ehe der Machtkampf innerhalb der FPÖ nicht entschieden ist. Gelingt es keiner der beiden Fraktionen, sich durchzusetzen, ist eine Spaltung nicht ausgeschlossen. Im Parlamentsklub wird über den Verbleib Norbert Hofers in der Partei offen diskutiert. Das kann auch als Rute im Fenster des Parteichefs gemeint sein. Baldige Neuwahlen kann die FPÖ nicht gebrauchen. Erst muss der Richtungsstreit beendet werden. So oder so.

Titelbild: APA Picturedesk

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