Tiefrote Zahlen bei Violett
Eine spektakuläre Verfallsgeschichte hat in den letzten Wochen ihren Gipfel erreicht. Dem schuldengeplagten Traditionsverein Austria Wien wurde erstmals überhaupt die Bundesligalizenz in erster Instanz verwehrt. Prominente Stimmen fordern die Ablöse von Vorstandsvorsitz Markus Kraetschmer.
Wien, 16. April 2021 | Es ist eine Chronologie des Untergangs, die seinesgleichen sucht. War die Wiener Austria 2013 noch der letzte Fußball-Bundesliga-Meister gewesen, der nicht Red Bull Salzburg hieß, steht der Wiener Traditionsverein acht Jahre später vor seiner wohl größten Krise. Zum ersten Mal in der Geschichte verwehrte die Bundesliga den Violetten die Lizenz für die kommende Spielsaison. Der Grund: Niemand glaubt an einen raschen Abbau des 78 Millionen-Schuldenbergs. Eine Bankgarantie für 7 Millionen Euro soll für einen Lizenzerhalt fehlen, berichtet der „Kurier“.
Spektakuläre Misswirtschaft und Lockdowns
Dass die Austria so tief in der Kreide steht, ist für viele kein Zufall. 2017 verkaufte man mit dem Nigerianer Larry Kayode den letzten Spieler gewinnbringend. Seither floppte die Transferpolitik komplett. Einzig die Neuzugänge aus der eigenen Jugend garantieren derzeit einen halbwegs qualitativen Spielbetrieb.
Auch mit dem Neubau des Stadions hat sich die Austria finanziell übernommen. Die im Sommer 2018 eröffnete Generali-Arena kostete mit Akademie und Trainingsplätzen 48 Millionen Euro. Weil seit den Lockdowns keine Tickets mehr verkauft werden können, waren diese Investitionen bisher ein finanzielles Desaster für die Austria.
Auch der neue georgische Investor Insignia sorgt für Stirnrunzeln bei den Austria-Fans. Mit großen Tönen hatte der Finanzpartner vom Klubziel Champions-League gesprochen. Jetzt dürfte man seitens Insignia aber nicht bereit sein, bei den Lizenzproblemen helfend einzuspringen.
Spieler und Trainer flüchten
Die Situation droht sich weiter zu verschärfen. Weil einige Spieler keine Zukunft bei der Austria sehen, verlassen sie das sinkende Schiff, anstatt ihre Verträge zu verlängern. Für die Abgänge von Leistungsträgern wie Christoph Monschein und Manprit Sarkaria kassieren die Violetten zu allem Überdruss keine Transfereinnahmen – die Verträge laufen dieses Jahr aus.
Auch der aktuelle Trainer Peter Stöger hat seinen Rückzug aus Wien-Favoriten nach der jüngsten Bundesliga-Niederlage bekanntgegeben. Die Austria ist damit nicht nur auf der Suche nach fehlenden Millionen, sondern auch nach neuen Spielern und einem neuen Trainer.
Klublegende Toni Polster fordert Kraetschmer-Abgang
Der Schuldige für das Fiasko ist schnell gefunden: Markus Kraetschmer, Vorstandsvorsitzender der Austria Wien AG, soll die Verantwortung endlich abgeben. Der ausgebildete Wirtschafter sitzt seit 2008 fest im Sattel. Auf erste Erfolge bis zum Jahr 2013 folgte in den letzten Jahren eine finanzielle und sportliche Talfahrt.
„Er ist für dieses Chaos verantwortlich. Er hat die Austria in den sportlichen und finanziellen Ruin geführt“, sagt Polster gegenüber oe24.tv. Dass er verlängert, ist für ihn „nur noch peinlich, ein Kasperltheater.“
Heute, Freitag, findet eine Krisensitzung bei der Wiener Austria statt.
(dp)
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