Kampagne gegen sexuelle Belästigung in Freibädern
In Schwimmbädern und an Badeseen kommt es immer wieder zu sexueller Belästigung. Eine neue Kampagne soll nun für das Thema Bewusstsein schaffen. Reicht das?
Wien/Linz, 01. Juli 2021 | Es beginnt mit Anstarren, geht über zu Hinterherpfeifen, Fotos machen und Berührungen im Wasser bis hin zur unangenehmen Anmache oder gar Übergriffe: Sexuelle Gewalt in Freibädern ist leider immer noch ein großes Problem, das verharmlost wird oder wo einfach weggeschaut wird.
Das Land Oberösterreich will dem entgegenwirken: Mit der Informations- und Sensibiliseirungskampage „No Go – Schau nicht weg bei sexueller Belästigung“ soll auf „Gaffern“ und „Grapschern“ aufmerksam gemacht werden. Reicht das? ZackZack hat sich beim Frauenzentrum Oberösterreich und bei den Bädern in Wien umgehört.
Mädchen und Frauen ein ungestörtes Badeerlebnis sichern
In Form von Plakaten wird in Freibädern und Badeseen in Oberösterreich ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, nicht wegzuschauen, beziehungsweise Situationen direkt anzusprechen. Mädchen und Frauen sollen durch das Projekt einen sicheren Badeort erleben, den sie ungestört von sexuellen Übergriffen in Anspruch nehmen können.
Quelle: Upart/Frauenzentrum OÖ
Unterschiedliche Menschen in Badekleidung zeigen sich auf den Plakaten mit gekreuzten Armen vor dem Oberkörper: Sie signalisieren damit ein klares „Nein“, „Das finde ich nicht in Ordnung!“ und gleichzeitig Schutz vor der Privatsphäre. Begleitend zu dieser Kampagne bietet das autonome Frauenzentrum Linz in Kooperation mit dem Frauenreferat des Landes Oberösterreich Informationsveranstaltungen für die Ansprechpersonen in den oberösterreichischen Freibädern an. Dabei geht es vor allem darum, wie ideal auf sexuelle Belästigung in Freibädern reagiert wird und wie gemeinsam damit umgegangen wird.
Sexuelle Belästigung wird verharmlost
Häufig bleiben Übergriffe nicht unbemerkt, es wird jedoch nichts unternommen, weil sich entweder niemand zuständig fühlt oder niemand weiß, wie man damit umgehen soll. Vor allem, wenn es um keine physischen Übergriffe geht, wie Hinterherpfeifen, über die Duschkabine schauen, Fotos machen.
„Wir kriegen das auch mit. In Oberösterreich gibt es vermehrt Fälle. Das schwierige ist, dass das so normalisiert wird. Die Frauen und Mädchen haben gar nicht am Schirm, die Belästigung zur Anzeige zu bringen“,
so Margit Schönbauer vom autonomen Frauenzentrum Linz gegenüber ZackZack. Besonders verbale Übergriffe oder das bloße angestarrt sei scheinbar für viele Menschen noch keine sexuelle Belästigung.
„Wo es eigentlich eine strafrechtliche Substanz gibt, fehlt es dann letztendlich an Beweisen. Wir haben daher Anzeigeberatungen. Die Chancen sind nämlich immer sehr gering, dass die Polizei etwas unternimmt“, fügt Schönbauer hinzu. In den meisten Fällen würden die Frauen mit den Worten „da kann man nichts machen“ weggeschickt.
Badbetreiber müssen handeln
Darüber hinaus würden sich die Mädchen und Frauen gar nicht erst trauen, Bescheid zu geben, wenn etwas passiert. In so einer Situation würde keine oder keiner wissen, ob es überhaupt erwünscht sei, etwas zu sagen – mit der Angst, das Ganze werde verharmlost oder dem Opfer werde sogar die Schuld zugewiesen.
Schönbauer drängt: „Badbetreiberinnen und Badbetreiber müssen sich damit beschäftigen. Das Personal muss dementsprechend darauf hingewiesen werden. Die Autorität hat letztendlich nämlich nur der Bademeister, oder die Bademeisterin“. Ein Problem sei auch, dass sich die meisten Schwimmbäder erst gar nicht mit dem Problem auseinandersetzen würden.
Auf Nachfrage von ZackZack, was genau getan werden kann, wies Schönbauer darauf hin, dass sich die Badbetreiber dringend positionieren und für Aufmerksamkeit und vor allem Wachsamkeit sorgen müssen.
„Je mehr Leute auf das Thema sensibilisiert werden, desto besser!“, so Schönbauer.
“Unter Wasser kann man immer mal zusammenstoßen”
“Das ist ein schwieriges Thema”, sagt ein Sprecher der Wiener Bäder. Es gebe Schulungen für die Mitarbeiter, aber “Solche Vorfälle gibt es halt überall”. Auf die Frage, was getan wird, wenn eine Frau unter Wasser unangenehm berührt wird, antwortete der Sprecher “Naja, unter Wasser kann man immer mal zusammenstoßen”. Als Schutzmaßnahme würden die Bademeister Kontrollgänge machen, doch “nur wenn wir was sehen, können wir was machen – und man kann nicht alles sehen”.
“Man kann sich jederzeit an uns wenden. Aber es ist schwer zu differenzieren, ob es sich nur um eine ‘Überreaktion’ handelt oder nicht”,
so der Sprecher.
“Das ist ein scheiß Gefühl von Hilfslosikgeit”
ZackZack hat sich bei Frauen umgehört. Von zehn Frauen haben alle schon einmal sexuelle Belästigung erlebt. Hier ein paar Stimmen:
„Es reicht schon, mit Blicken ausgezogen zu werden und dass einem hinterher gepfiffen wirft. Und vor allem wenn Männer in Gruppen sind, fühlen sie sich noch bestärkter. Spricht man sie darauf an, wird damit gerechtfertigt, dass das Pfeifen oder Anstarren ja etwas Positives sei und man es „Kompliment“ verstehen soll.“
„Selbst als selbstbewusste Frau ist man dann in so einer Schockstarre – wie wehre ich mich? Was mache ich dagegen? Wie reagiere ich? Das ist ein scheiß Gefühl von Hilflosigkeit.“
„Ehrlich gesagt: Ich würde nicht zum Bademeister gehen. Ganz einfach aus dem Grund, dass ich mir nicht noch die doppelte Blöße geben will. Ich gehe schon direkt davon aus, dass ich keine Hilfe bekomme, sondern nur ausgelacht werde.“
(jz)
Offzielle Stellen, die Hilfe und Beratung bei sexueller Belästigung anbieten:
Autonomes Frauenzentrum:
Das autonome Frauenzentrum berät Mädchen und Frauen in allen Lebenslagen und ist Mitglied im Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen, des Bundes der autonomen Frauenberatungsstellen bei sexueller Gewalt Österreich.
Rat auf Draht:
Notruf für Kinder und Jugendliche – rund um die Uhr, anonym und kostenlos. Per Telefon (einfach 147 wählen); Online-Beratung oder Chat.
Frauenhelpline:
Außerhalb der Öffnungzeiten der Beratungsstellen ist die Frauenhelpline unter 0800 222 555 österreichweit rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr und kostenlos für Erst- und Krisenberatung erreichbar.
Gewaltschutzzentrum:
Kostenlose Beratung für Frauen die von Gewalt betroffen sind (beispielsweise häusliche Gewalt, Gewalt im Sozialen Nahraum, Stalking…).
BAFÖ:
Die Beratungsstellen vom Bund Autonomer Frauenberatungsstellen Österreich bietet Hilfe bei sexueller Gewalt, egal wie lange diese Erfahrung zurück liegt und bei sexueller Belästigung. Das Angebot ist vertraulich und kostenlos.
KIJA:
Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs bieten spezielle Beratungs- und Informationsangebote in den Bundesländern.
Titelbild: APA Picturedesk