Landeshauptleute reagieren auf Kurz-Ankündigungen
Per Mail an ausgewählte Redaktionen kündigte Sebastian Kurz am Montagabend neue Coronamaßnahmen an. Was sagen die Landeshauptleute dazu?
Wien, 07. September 2021 | Schon bevor das ORF-Sommergespräch mit Sebastian Kurz begann, ließ der Kanzler am Montag per Mail seine Antworten auf die noch gar nicht gestellten Fragen an ausgewählte Redaktionen schicken. Es geht um Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Kurz hatte angekündigt, verstärkt die Auslastung der Intensivstationen anstelle der Ansteckungszahlen als Messlatte anlegen zu wollen. Außerdem solle es für Geimpfte keinen Lockdown mehr geben. Eine Konferenz des Kanzlers mit allen Landeshauptleuten wird es erst am Mittwoch geben. Was halten die Landeshauptleute davon, dass die Ergebnisse ihrer Konferenz offenbar schon vorab feststehen?
Kritik von roten Ländern
Kärtnens Peter Kaiser (SPÖ) zeigt sich auf ZackZack-Anfrage enttäuscht über das Vorgehen Kurz’: “Täglich grüßt das türkise Murmeltier. Dass der Bundeskanzler immer dann, wenn es kritisch wird, die Landeshauptleute zur Hilfe holt, dann aber vor dem Gespräch Maßnahmen medial bereits im Alleingang ankündigt, passiert nicht zum ersten Mal.” Das Vorgehen von Sebastian Kurz zeige, dass es diesem nicht um das Wohl der Bevölkerung, sondern seine eigene mediale Inszenierung gehe. Das sei “ebenso bedauerlich wie kritikwürdig, weil es die Ansichten der Landeshauptleute und der Expertinnen und Experten entwertet,“ sagt Kaiser.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erklärte in einer Pressekonferenz am Dienstag: “Das, was ich gestern gehört habe, kann nicht ausreichen,” und: “Ich erwarte mir mehr.” Er gehe daher davon aus, dass die Länder am Mittwoch noch Vorschläge einbringen könnten. Luwig griff den Kurs der Bundesregierung in Sachen Corona scharf an: Erst zu erklären, die Pandemie wäre bewältigt, um dann neue Maßnahmen anzukündigen – die Ludwig für unzureichend hält – sorge für “starke Verunsicherung” in der Bevölkerung. Es würde “Sinn machen, auf Augenhöhe zu beraten, bevor man an die Öffentlichkeit geht”, sagte Ludwig. Er habe jedenfalls “eine Fülle an Vorschlägen” für Kurz. Ludwig sprach sich für deutlich schärfere Maßnahmen aus als am Montag von Kurz angekündigt.
Aus dem Büro des burgenländischen Landeshauptmanns Hans-Peter Doskozil (SPÖ) heißt es auf ZackZack-Anfrage, man wolle sich zu Kurz’ Vorschlägen nicht vor der Konferenz am Mittwoch äußern. Das Burgenland konzentriere sich einsteweilen auf seine eigenen Ziele, namentlich 80 Prozent der impfbaren Bevölkerung zum Impfen zu bewegen.
Kogler bestätigt: Länder nicht eingebunden
Vorsichtiger reagierten die ÖVP-Landeshauptleute. Ein Sprecher von Salzburgs Wilfried Haslauer erklärte gegenüber ZackZack: “Die Kommunikation läuft ganz gut.” Es gebe einen regen Austausch zwischen Regierung und Land Salzburg, man fühle sich “gut eingebunden”, wenngleich “einzelne Maßnahmen” nicht im Detail abgesprochen gewesen seien. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), berichtet laut Austria Presse Agentur von “intensivem Telefonkontakt” mit Sebastian Kurz.
Dass Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nicht in die Präsentation geplanter Coronamaßnahmen eingebunden war, deuteten Beobachter als Zeichen dafür, dass Kurz den zuständigen Minister nicht vorab informiert hatte. Noch am Dienstag Nachmittag hatte sich Mückstein nicht zu Kurz’ Ankündigen geäußert. Eine Anfrage von ZackZack blieb unbeantwortet. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bestritt in einer Presskonferenz, dass die Grünen außen vor geblieben seien und verwendete dabei dieselbe Formulierung wie die ÖVP-Landeshauptleute: Es habe einen “intensiven Austausch” gegeben. Kogler bestätigte, dass die Landeshauptleute von Kurz vor vollendete Tatsachen gestellt würden: “Die Maßnahmen sind im Wesentlichen fertig und werden fein geschliffen und morgen mit den Landeshauptleuten besprochen,” sagte der Vizekanzler.
Die Landeshauptleute werden am Mittwoch um 08:30 von Kurz informiert. Danach sind Pressestatements geplant.
(tw)
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