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Verschlusssache Jenewein: Wer leakte den Geheimakt?

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Verschlusssache Jenewein: Wer leakte den Geheimakt?

Verschlusssache Jenewein:

Bei Ex-FPÖ-Politiker Jenewein gab es eine Hausdurchsuchung. Ihm wird Geheimnisverrat vorgeworfen. Tatsache ist: Jemand hat Informationen aus dem Geheimakt geleakt.

Wien, 14.09.2021 | Am Samstag durchsuchten Kriminalpolizisten das Haus des Ex-FPÖ-Abgeordneten Hansjörg Jenewein. Die Ermittler werfen ihm vor, in seiner Zeit als FPÖ-Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss geheime Informationen aus dem BVT beschafft zu haben. Das wäre Verletzung des Amtsgeheimnisses, eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft bedroht ist. Während die Ermittlungen gegen Jenewein laufen, ist bereits sicher: Einer der ermittelnden Beamten hat selbst das Amtsgeheimnis verletzt. Denn der Akt landete bei der “Krone”.

Üblicherweise bekommen Medien via Akteneinsicht der Beschuldigten brisantes Material aus Ermittlungen. Es ist der einzig legale Weg, an einen Ermittlungsakt zu kommen. Doch im Verfahren Jenewein hat noch niemand Akteneinsicht erhalten. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft gegenüber ZackZack. Damit steht fest: Sofern die “Krone” tatsächlich Informationen aus dem Ermittlungsakt erhielt, hat ein Beamter hat eine Straftat begangen, und zwar genau jene, die Jenewein zur Last gelegt wird.

Ein kleiner Kreis von Verdächtigen

Ein normaler Ermittlungsakt kann durch viele Hände gehen, doch hier ist das anders. Beim Ermittlungsverfahren gegen Jenewein und andere handelt es sich um eine sogenannte Verschlussache, das heißt, es bestehen besondere Geheimhaltungsgründe. Verschlussakten müssen in einem eigenen Tresor aufbewahrt werden. Den Schlüssel muss der jeweilige Abteilungsleiter verwahren, nur der zuständige Staatsanwalt darf den Akt ohne Aufsicht bearbeiten. Muss jemand den Akt unbedingt aus den Diensträumen bringen, wird das genau protokolliert.

Der Kreis der Personen, die einen Verschlussakt weitergeben können, ist damit sehr klein. Die Staatsanwaltschaft Wien sagt auf ZackZack-Nachfrage, dass alle Bestimmungen im Umgang mit dem Verschlussakt Jenewein “selbstverständlich” eingehalten worden seien. Damit wäre innerhalb der Staatsanwaltschaft im wesentlichen nur die fallführende Staatsanwältin L. in der Lage, der “Krone” Informationen über den Akt zu geben. Deutlich leichter fiele das den ermittelnden Polizeibeamten. Zuständig ist die “AG FAMA”, eine Ermittlungsgruppe im Bundeskriminalamt, die aus Vertrauensleuten des Bundeskriminalamtschefs Andreas Holzer besteht. Haben Beamte des Bundeskriminalamts (BK) Details aus den Ermittlungen an die “Krone” verraten? Haben sie jemanden aus dem Kabinett von Innenminister Nehammer oder den Minister selbst über die Ermittlungen informiert? Das BK will Fragen dazu nicht beantworten. Zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit in den Ermittlungen sei allein die Wiener Staatsanwaltschaft.

Zuständig für die Ermittlungen ist die “AG FAMA”, eine inoffizielle SOKO, die BK-Chef Andreas Holzer nahesteht.

Staatsanwaltschaft will nicht ermitteln

Die sieht “keinerlei Anhaltspunkte” dafür, dass irgendein Beamter Informationen weitergegeben habe. Die Staatsanwaltschaft verweist darauf, dass es Personen gebe, “die von Ermittlungsmaßnahmen betroffen” seien und denen daher Aktenbestandteile vorliegen. Will heißen: Jenewein selbst soll der “Krone” Informationen über das Verfahren gegeben haben. FPÖ-Mann Jenewein schließt das gegenüber ZackZack aus. Tatsächlich sprechen zwei Fakten dagegen. 1. Der Artikel in der “Krone” rückt Jenewein in ein schlechtes Licht. Noch viel schwerer wiegt 2.: Auf den Aktenteilen, die Jenewein ausgehändigt wurden, stehen keine Namen weiterer Beschuldigter. Die behauptet die “Krone” aber zu kennen. Von Jenewein kann sie diese Information nicht haben.

Die Staatsanwaltschaft ficht das nicht an. Obwohl die “Krone”-Infos nachweislich nicht von Jenewein stammen können, sieht die Staatsanwaltschaft keinen Grund, gegen den Geheimnisverrat aus den Reihen der Ermittler vorzugehen. Man habe auch keine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet. Das sei nicht nötig – man könne selbst ermitteln, sehe aber keinen Anlass dazu. Da Beamte der Wiener Staatsanwaltschaft zum potenziellen Täterkreis gehören, mutet das seltsam an. Falls – wie die Staatsanwaltschaft sagt – die Informationen über die Ermittlungen nicht aus der Staatsanwaltschaft selbst stammen, bleiben nur zwei Möglichkeiten. Jemand in der Weisungskette – von der Wiener Oberstaatsanwaltschaft bis zum Justizministerium – könnte Geheimnisverrat begangen haben. Oder einer der ermittelnden Polizeibeamten hat das Gesetz gebrochen und geplaudert. Herausfinden will das offenbar niemand.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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