Verzweifelter Anstand:
Ein Brief vom Anstand verdirbt mir den Sonntag. Der Anstand ist arbeitslos, verzweifelt und will mit Kathi Nehammer auf Sauftour gehen.
Wien, 12. Juni 2022 | Neulich hat mir der Anstand geschrieben:
„Lieber Herr Pilz, Wir kennen uns jetzt schon lange, daher wende ich mich an Sie. Wie Sie wissen, habe ich bei der letzten Wahl aufgerufen, Grün zu wählen. Jetzt will keiner mehr etwas mit mir zu tun haben. Alle machen Witze über mich. Ich habe mich zurückgezogen. Was soll ich tun?“
Das ist eine schwere Frage. Was soll der Anstand wirklich tun? Meiner Meinung nach hat er drei Optionen:
- Durchtauchen. Der Anstand zieht sich aus allem, was schwarz, türkis oder grün ist, zurück, verhält sich ruhig und wartet ab. Das kann allerdings zu einer nachhaltigen Beschädigung des Anstands führen.
- Distanzieren. Der Anstand trennt sich von den Grünen. Das hat einen Haken: Die Grünen haben sich längst vom Anstand getrennt. Bestenfalls wäre also eine Zweittrennung möglich.
- Vergessen – und mit Kathi Nehammer auf Sauftour gehen.
Ich habe gehört, dass sich der Anstand in seiner Verzweiflung für Option 3 entschieden hat. Das Innenministerium stellt trinkfeste Personenschützer mit einem Dienstwagen zur Verfügung. Kathi Nehammer nimmt ihren Führerschein und ein wasserdichtes Handy mit. Werner Kogler wird unterwegs zusteigen.
Falls es zu einem anständigen Unfall kommt und die SPÖ im Parlament nachfragt, wird Karl Nehammer eine Wutrede halten. Wenn sie nichts nützt, wird er Putin anrufen.
Dann machen sie weiter, Nehammer, Kogler, Sobotka, Maurer, Sachslehner und die anderen. Irgendwann wird Nehammer ausgetauscht.
Der Anstand ist noch immer auf Arbeitssuche. Er gilt als schwer vermittelbar.
Titelbild: APA Picturedesk