US-Institut ISW:
Laut einer Einschätzung von Militärexperten des US-amerikanischen Instituts „Institute for the Study of War“ befindet sich das russische Militär in einer „Operationspause“. Zum ersten Mal seit 134 Kriegstagen gab es keine erklärten Gebietsgewinne.
Wien, 8. Juli 2022 | Nachdem die russischen Truppen die Zwillingsstädte Sjewerodonezk und Lyssytschansk eingenommen haben, ist die Luhansker Region, in der sie liegen, komplett unter russischer Kontrolle. Allerdings soll es laut der Einschätzung des US-amerikanischen Instituts „Institute for the Study of War“ (ISW) vorerst zu keinen weiteren Einnahmen kommen.
Kein Ende der “aktiven Feindseligkeiten”
Den ISW-Militärexperten zufolge gab es am 6. Juli zum ersten Mal seit 134 Kriegstagen keine Informationen über einen Vormarsch russischer Truppen und auch keine offiziellen Erklärungen dazu. Seit der vollständigen Einnahme von Lyssytschansk am 3. Juli wurden keine neuen Gebiete oder Bodentruppenbewegungen gemeldet.
Zuvor hat das russische Verteidigungsministerium täglich Gebietsgewinne verkündet. Es komme zwar weiterhin zu begrenzten und wenig erfolgreichen Bodenangriffen nordwestlich und östlich von Slowjansk in der Oblast Donezk. Das sei jedoch im Einklang mit der vermeintlichen Operationspause, die keine komplette Einstellung der aktiven Feindseligkeiten bedeutet. Laut der Einschätzung des ISW schränken die russischen Streitkräfte ihre Offensivaktionen ein, um Voraussetzungen für umfangreiche Offensivoperationen zu schaffen und die dafür erforderliche Kampfkraft wiederherzustellen.
Die Schlacht um Slowjansk wird wahrscheinlich die nächste Schlüsselschlacht im Kampf um den Donbass sein, da sich die russischen Streitkräfte nach Angaben des britischen Geheimdienstes bis auf 16 Kilometer an die Stadt Donezk annähern.
Kreml greift massiv in Rechte von Arbeitnehmern ein
Außerdem habe der Kreml in Erwartung längerer „Operationen“ in der Ukraine Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Mobilisierung geschaffen. Am 30. Juni hat die Staatsduma ein Gesetz verabschiedet, das der russischen Regierung Eingriffe in die Arbeitsbeziehungen in russischen Unternehmen sowohl im privatem als auch staatlichem Besitz ermöglicht. Dadurch sollen Regierungsbeamte die Macht haben Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückzuholen, Urlaubstage ohne Zustimmung des Arbeitsnehmers zu verschieben und Wochenend-, Feiertags- und Nachtschichten verlangen.
Diese Maßnahmen sollen dem Kreml eine direkte Kontrolle über die meisten Aspekte der russischen Wirtschaft geben und die Aussetzung von Rechten und Schutzmaßnahmen, die Arbeitnehmern zustehen, erlauben. Mithilfe des Gesetzes will der Kreml die inländischen Arbeitskräfte nutzen, um eine Maximierung der Wirtschaftsleistung zu erreichen und sich auf langwierige Operationen in der Ukraine vorzubereiten, so der IWS.
Die vollständige Einschätzung des IWS gibt es hier zu lesen.
(nw)
Titelbild: APA Picturedesk