In der ÖVP herrscht Uneinigkeit zum Thema Energie-Preisdeckelung, während die Opposition befindet: Der interne Partei-Streit lege das Land lahm.
Wien, 12. Juli 2022 | Während die Kosten für Energie durch die Decke gehen, hält Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine Energiepreis-Deckelung weiterhin für nicht notwendig. Und das könnte langsam unangenehm werden: Denn die Forderungen nach einer solchen werden auch in der eigenen Partei immer lauter, die sich in zwei Lager zu spalten scheint.
Während die Bundes-ÖVP noch dagegen ist, sprachen sich zuletzt mehrere Landeshauptleute für eine Strompreisdeckelung aus. Der Kanzler, der sich zur Zeit auf offiziellem Besuch in Israel befindet, schiebt die Verantwortung der EU-Kommission zu.
ÖVP-Landeshauptleute für Preisdeckel
Die Chronologie des sich anbahnenden Zwists: Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte am Montag am Rande einer Pressekonferenz gemeint, dass eine europäische Lösung “gut, wichtig und richtig”, aber nicht so schnell realisierbar sei. “Wir wissen natürlich, dass der Staat nicht alles finanziell unterstützen kann, aber gerade hier braucht es eine finanzielle Unterstützung”, so Mikl-Leitner. Sie erwarte von der gesamten Bundesregierung “Verantwortung” und “Themenführerschaft”.
Auch ihr Parteikollege Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich schloss sich an und sprach davon, dass mit Experten über Preisdeckel nachgedacht werden sollte. Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler meinte schließlich gegenüber der Tageszeitung “Österreich” , dass ein Preisedeckel notwendig werden könnte.
Aus dem Büro von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte auf APA-Anfrage, der Landeschef schließe sich den Aussagen seines Wirtschaftslandesrates, Neo-ÖVP-Landesparteichef und Landtagswahl-Spitzenkandidaten Anton Mattle an. Dieser hatte sich am Sonntag offen hinsichtlich eines Preisdeckels gezeigt, gleichzeitig aber auch betont, dass es sich dabei um “Eingriffe in den Markt” handle, die “jedenfalls gut überlegt und gut vorbereitet” sein müssten.
Sogar ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner äußerte sich. Es dürfe keine “Denkverbote” geben dürfe. Gefordert sei laut Sachslehner aber auch die zuständige Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne).
Kritik an Mikl-Leitner
Auf die Frage des “Ö1-Morgenjournals” am Dienstag nach seiner Meinung zu den Meldungen der Landehauptleute, antwortete der Kanzler sehr ausweichend: Sie würden die Sorgen aller darüber ausdrücken, “was rund um uns passiert”. Grünen-Vizekanzler Werner Kogler stand einem Preisdeckel zuletzt ablehnend gegenüber.
Scharfe Schüsse kommen indessen von den niederösterreichischen Grünen gegen die niederösterreichische ÖVP-Landeshauptfrau. In einer Aussendung kritisieren sie die Aussagen Mikl-Leitners zur Preisdeckelung und deren inhärente Kritik an der Regierung als bloße Show: „Es geht der VP keine Sekunde um die Teuerungen, sondern um populistisches Krachschlagen und Rumpöbeln in einem Sommer-Zwischenwahlkampf. Um billigen medialen Applaus – und um Machtspiele innerhalb der eigenen Partei. Und zwar auf Kosten der Bevölkerung und der Zukunftssicherung des Landes.“ Außerdem hätte Mikl-Leitner die Situation in Niederösterreich selbst in der Hand, heißt es in der Aussendung weiter.
Unmut bei FPÖ und SPÖ über ÖVP-Streit
Kritik am “Richtungsstreit” in der ÖVP kam auch von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Während ÖVP-Landeshauptleute einen Preisdeckel für Strom einfordern, wolle das ÖVP-Team in der Bundesregierung nichts davon wissen: “Dieses Schattenboxen in der ÖVP-Blase hilft den Menschen leider nicht.” Preisdeckel könnten als Sofortmaßnahmen nur der erste Schritt sein, folgen müsse ein “Ausstieg aus der Sanktions-Eskalationsspirale”, meinte er und brachte eine Volksbefragung zu diesem Thema ins Spiel.
Und auch die SPÖ kritisierte den “Streit” in der ÖVP. Dieser lähme das ganze Land, meinten Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und Vizeklubchef Jörg Leichtfried. Die Forderungen der SPÖ lägen längst am Tisch und müssten nur umgesetzt werden. Etwa müssten die Preise auf Lebensmittel, Energie und Wohnen gesenkt, die Übergewinne der Energiekonzerne abgeschöpft und alle Instrumente zur Sicherung der Gasversorgung durch Kooperation mit unseren Nachbarn ergriffen werden. Zudem sei endlich eine Erhöhung der Pensionen und des Arbeitslosengeldes nötig.
(sm/apa)
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