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»Frauen sind dieser Regierung kein Anliegen« – Frauenschutzorganisationen reicht’s

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»Frauen sind dieser Regierung kein Anliegen« – Frauenschutzorganisationen reicht’s

Frauenschutzorganisationen reicht’s:

Zu wenig Geld, zu wenig Personal, keine nachhaltigen Strategien: Die österreichische Frauenpolitik ist quasi nicht vorhanden, so das Fazit von Frauenring, AÖF und Wiener Interventionsstelle. Welche Konsequenzen das hat und was getan werden müsste. 

Wien, 29. Juli 2022 | Corona, Teuerung, Energiekrise – Frauen sind die großen Verliererinnen der vielen Krisen, die die Menschen in Österreich momentan stemmen müssen. Denn sie verdienen im Schnitt weniger, sind öfter alleinerziehend und häufiger armuts- und gewaltbetroffen.

Der Österreichische Frauenring und die Allianz GewaltFREI Leben kritisieren scharf, dass die Regierung dazu schweigt und nicht handelt. In einer Pressekonferenz am Freitag fassten sie zusammen, wo die Probleme liegen, und was getan werden müsste.

Gewalt an älteren Frauen steigt

Die Liste jener Dinge, die in Österreich hinsichtlich der Situation von Frauen im Argen liegen, ist lang. In diesem Jahr gab es bereits 20 Morde an Frauen durch Männer sowie 19 Mordversuche.  Vor allem die Gewalt an älteren Frauen steigt. Im Jahr 2021 waren neun von 31 ermordeten Frauen über 60 Jahre alt, heuer waren es bereits zehn von 20.

Besonders ältere Frauen, die pflegebedürftig sind, sind besonders gefährdet, da sie oft in Abhängigkeit leben müssen. Auch die sogenannten erweiterten Femizide (ein Mann tötet seine Frau und dann sich selbst) sind Femizide, so Maria Rösslhumer von den “Autonomen Österreichischen Frauenhäusern” (AÖF). Wenn Männer, die sich von der Pflege überfordert fühlen, sich das Recht herausnehmen, ihre Partnerinnen in den Tod mitzunehmen, anstatt sich Hilfe zu suchen, dann sei das kein „Pflegemord“, sondern ein klarer Frauenmord. Dass Frauen Männer ermorden, weil sie überfordert mit deren Pflege sind, passiere im Vergleich kaum.

Altersarmut großes Thema

Aber auch bezüglich Altersarmut von Frauen unternehme die Regierung nichts. Es gebe keine echten Maßnahmen, um das Pensionsrecht zu ändern, das sei besonders problematisch, weil das Pensionsalter ab 2024 erhöht wird.

Frauen, die im Schnitt eine geringere Pension haben als Männer und oft in der Altersarmut landen, haben oft nicht viel vom Pensionssplitting, so Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring. Pensionssplitting helfe zum Beispiel Alleinerziehenden nichts. „Das klare Ziel muss die Stärkung der Eigenpensionen von Frauen sein“, so Frieben.

Kritik am Regierungshandeln: “nicht nachhaltig”

Die Existenzsorgen der Menschen, vor allem aber von Frauen, müssen endlich ernst genommen werden, fordern die Organisationen außerdem. Sie kritisieren die Entlastungspakete der Regierung als nicht nachhaltig.

„Auch wenn diese Regierung immer wieder betont, Familien zu entlasten, etwa durch den Familienbonus, ist dieser Familienbonus für diejenigen unerreichbar, die ihn dringend brauchen würden – weil sie nicht genug verdienen“, so Frieben. Auch das Thema Kinderarmut müsse endlich ernst genommen werden.

Organisationen fordern ganzheitliche Strategie

Obwohl einzelne Maßnahmen der Regierung positiv seien, bleibt für die Frauenschutzorganisationen das Fazit: „Frauen und ihre Anliegen sind dieser Regierung offensichtlich kein Anliegen.“ Denn einzelne kurzfristige Entlastungen lösen keine Probleme, es nütze auch nichts, wenn die Wirkung von Maßnahmen teilweise gar nicht überprüft wird.

Es brauche stattdessen ganzheitliche, langfristige Strategien, so die Organisationen und ein dauerhaftes Monitoring sowie mehr Forschung. Doch: „Es scheitert wie immer am Geld und am politischen Willen.“ Konkret wären 228 Millionen Euro jährlich erforderlich sowie mindestens 3.000 zusätzliche Vollzeit-Arbeitsplätze, um vor allem gegen das Problem Gewalt gegen Frauen vorzugehen. Das sei nicht zu viel verlangt.

“Wir werden nicht gehört”

„Wir haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wo die Probleme sind, und niemand hört uns, niemand möchte uns hören. Aber wir werden weiterhin laut sein. Wir brauchen eine Frauenpolitik, die diese Probleme sieht und sich endlich auch für die Lösung dieser Probleme einsetzt“, so Klaudia Frieben.

Von der ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab erwarten die Organisation vor allem, dass endlich Anstrengungen unternommen werden, Frauen auf dem Weg in die ökonomische Unabhängigkeit zu unterstützen. Denn Frauen, die ökonomisch unabhängig sind, können sich leichter aus Gewaltbeziehungen lösen. Gerade hier gebe es durch die Krisen massive Rückschritte.

(sm)

Hilfe und Unterstützung für Frauen und Männer in Gewaltsituationen

In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, Hilfe und Informationen unter:

Anlaufstellen für Männer in Krisen- und Gewaltsituationen, Beratung in Krisen sowie zur Prävention und Beendigung von Gewalt in der Familie:

Telefon-, E-Mail- und Chat-Beratung für Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Krisenzeiten:

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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