Es gibt ein weithin unterschätztes Magazin, das heißt „Schlossseiten“. Das hat jetzt eine Herausgeberin porträtiert. Seitdem frisst mich der Neid.
Wien, 16. Juli 2023 Die Herausgeberin heißt „Eva Schütz“. Sie ist so ganz anders als ich. Sie und ihr Mann, auf den ich noch zurückkomme, haben das Schloss „Neuwaldegg“ gekauft und in Schuss gebracht. Jetzt war die Schloss-Reporterin Beatrice Tourou bei ihr. Die ziemlich edlen Fotos zeigen die Hausherrin, wie sie in jedem Zimmer etwas anderes anhat. Da beginnt schon der Unterschied. Wenn ich bei mir im Gemeindebau von einem ins andere Zimmer gehe, ziehe ich mich nicht um. Ich hab´s einfach nicht drauf.
Die Schlüsselpassage der Reportage lautet: „Die Seidenbespannung der Wände war überraschend schwierig.“ Das glaube ich aufs Wort, weil ich genau daran bei mir im Goethehof gescheitert bin.
„ausufernde Dimensionen“
Abgekauft hat die Familie Schütz das Ganze der katholischen Kirche, und zwar wegen der „hohen Erhaltungskosten, die in ihren ausufernden Dimensionen einfach nicht mehr zu tragen waren“. Was die katholische Kirche nicht tragen kann, scheint für Familie Schütz eine kleine Last.
Herr Schütz beherbergt schließlich Herrn Firtasch. Der Putin-nahe Oligarch verhindert in seinem Domizil gut geschützt schon erstaunlich lang seine Auslieferung an die USA. Am 22. Juni 2022 beschrieben vier US-Kongressabgeordnete in einem Brief an Außenminister Anthony Blinken den Fall „Firtasch”: „Seine enge Beziehung zum inneren Kreis des russischen Diktators Wladimir Putin zusammen mit Semion Mogilewitsch, einem Kopf der internationalen Organisierten Kriminalität, hat die Basis seines Reichtums und Einflusses weiter gefestigt“.
Nähe zu Putin und ÖVP
Doch was tut die Schlossherrin, wenn sie sich nicht gerade für ein Foto umzieht? „Eva Schütz kuratiert Inhalte auf exxpress.at für ihre Leser.“ Bisher wusste ich nur, dass man „exxpress.at“-Inhalte richtigstellen kann. Aber was tut man, wenn man sie „kuratiert“? „Google“ hilft mir auf die Sprünge: „Wer von “Kuratieren” spricht, meint damit zumeist die Fähigkeit, Dinge auszuwählen, um sie raumbezogen an Schauplätzen zu präsentieren und dadurch in Konstellationen zusammentreffen zu lassen oder in Narrationen einzubinden.“ Ich würde das mit „exxpress“ lieber nicht tun.
„express“ ist ein Putin-Portal. Firtasch ist ein Putin-Oligarch. Aber wo „Schütz“ draufsteht, ist neben Putin auch türkis drin. „Schlossseiten“ fasst das schön zusammen: „Ihre Nähe zur ÖVP ist ja allgemein bekannt, die finanziellen Möglichkeiten des Ehepaares Schütz ebenfalls.“ Firtasch und ÖVP – das ist eine Mischung, die nur auf den ersten Blick unpassend scheint. Aus der „EU“-Partei des seligen Alois Mock ist längst etwas anderes geworden. Kurz-Unterstützer Sigi Wolf setzt geschäftlich weiter auf Putin. Österreich steigert seine Abhängigkeit von russischem Gas. Aber vor allem geht es um eine Wende in der Politik.
Unter dem Deckmantel der Neutralität stellt sich Österreich an den Rand der ukrainischen Solidarität – und mitten in den Dreibund mit den Russland-Spezis in Belgrad und Budapest.
Unter Sebastian Kurz hat die ÖVP den Weg an den Rand der EU begonnen. Nehammer setzt den Marsch aus Europa fort. Sein Projekt ist der nationale Rechtsblock mit der FPÖ und sein „Niemals mit Kickl“-Schwur nicht mehr als ein Versuch, statt Andreas Babler eine Runde mit Kickl boxen zu dürfen. Mit Nehammers Erklärung steht nur fest, welches Versprechen die ÖVP als nächstes brechen wird.
Königsmacher
Für die entscheidende Wahl braucht die ÖVP noch einmal die Medien. „Schlossseiten“ weiß auch das: „Das Ehepaar ist bekannt als aktive Königsmacher.“ Dabei sind sie auch diesmal nicht allein. „Kurier“ und „express“ sind unter Schütz, Grasl und Salomon zwei ÖVP-Banken. „Heute“ verlangt diesmal nicht Regierungsinserate, sondern bloß die verlässliche Ablehnung jeder Vermögenssteuer. „Die Presse“ wird wie immer dabei sein. Die „Kronen Zeitung“ hat sich noch nicht festgelegt.
Das ist wahrscheinlich das Wichtigste, was von 37 nur ganz kurz unterbrochenen Regierungsjahren der ÖVP bleiben wird: Österreich ist das Land, in dem man sich fast alles kaufen kann – Politiker und Parteien, Zeitungen und Journalisten und damit die Macht. Wer zahlt, schafft an, und wer mit Steuergeld zahlt, tut sich beim Anschaffen leichter. Der Schlüssel zum österreichischen System ist Korruption. Ausländische Beobachter wundern sich dabei nur noch über eines: wie billig in Österreich alles ist.
Keiner will sie nehmen
Zum Schluss noch einmal zurück in die Welt der Schlösser. In ON 1309 fasst die WKStA Auswertungen zu „Postenbesetzungswünschen“ zusammen. Dort unterhalten sich Thomas Schmid und seine rechte Hand Melanie Lauré „über Eva, offenbar gemeint Mag. Eva HIEBLINGER-SCHÜTZ und ihre zukünftige Tätigkeit“.
TS: Wie geht’s der Eva? Ist sie ruhiger?
ML: Sie hat mir gestern ihren neuen Plan mitgeteilt.
TS: Der da wäre?
ML: Ich soll mit ihr darüber reden und vorfühlen. Sie will präsent sein und politisch Themen machen und keine Verwaltung mehr.
TS: Dann kann sie gleich morgen gehen. Es geht NICHT um sie. Sondern um das BMF. Wann checkt sie das endlich.
ML: Ja, gar nicht. Wir beschäftigen uns den ganzen Tag mit ihr und ihren Problemen.
Schmid und Lauré überlegen, wohin sie „Eva“ loswerden könnten. Gernot Blümel ist eine Option.
TS: Gernot soll sie nehmen. Als part time-Begleitung. Im Ernst. Da passt sie super hin. Das wäre es doch. Kultur im BKA (Bundeskanzleramt). Das könnte die sogar.
ML: Keiner will sie nehmen.
TS: Sie ist arm.
Mit „exxpress.at“ hat ihnen Eva Hieblinger-Schütz die passende Antwort gegeben.
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