Donnerstag, August 21, 2025

Israel isoliert wie nie

Durch die Hungerkatastrophe in Gaza verspielt Israel die Gunst jahrzehntelanger Sympathisanten. Zuletzt nahm der politische Druck zu. Die Isolation Israels schreitet unter der ultrarechten Regierung Netanjahus voran.

Die jüngste Erklärung Kanadas, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, drängt Israel international immer mehr ins Aus. Der kanadische Premier Mark Carney knüpfte die Anerkennung Palästinas an die Entmachtung der Hamas und die Freilassung aller Geiseln. Er folgte am Donnerstag einer Absichtserklärung Frankreichs und Großbritanniens, die sich ähnlich äußerten.

Auch für die Hamas spitzt sich die Lage zu. Einige Arabische Staaten forderten die Entwaffnung der Terrororganisation.

Diplomatische Zeitenwende in Europa

Erst Ende Juli preschte zunächst Frankreich vor und kündigte die Anerkennung Palästinas bei der nächsten UN-Vollversammlung im September in New York an. Großbritannien zog am Dienstag nach. Die zwei G7-Staaten Europas wenden sich damit diplomatisch immer mehr von Israel ab.

Am Donnerstag forderte der schwedische Premierminister Ulf Kristersson die Aussetzung des Handelsteils des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. Die Regierung Netanjahu komme „ihren grundlegendsten Verpflichtungen und Vereinbarungen über Nothilfe nicht nach“, so der schwedische Premier auf der Plattform X.

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Kristersson ist nicht der erste, der das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel in Frage stellt. Bereits im Mai forderten Spanien und Irland, das gesamte Abkommen auszusetzen. Der schärfste europäische Kritiker der israelischen Regierung, Spaniens Premierminister Pedro Sanchez, forderte ein komplettes Waffenembargo für Israel und bezeichnete die Vorgangsweise der Netanjahu-Regierung als „genozidal“. Israelische Vertreter reagierten scharf. Madrid erkannte Palästina schon 2024 als Staat an. Dem Beispiel folgten Irland, Slowenien und Norwegen.

Die größten EU-Staaten, die Palästina nicht anerkennen, bleiben Deutschland, Italien und Österreich. Doch in Deutschland, einem der engeren Partner Israels, werden die kritischen Stimmen seit Monaten lauter. Jetzt will Deutschland gemeinsam mit Jordanien eine Luftbrücke zur Versorgung des Gaza-Streifens einrichten.

verhältnis europa israel
Bild: ZackZack

Vorsichtige Kritik aus Österreich

Hierzulande ist die Kritik an der israelischen Regierung noch leise, wird aber immer stärker. Im Mai stimmte Österreich in einen Chor von EU-Staaten ein, die das Assoziierungsabkommen mit Israel überprüfen wollten. Grund sei Artikel 2 des Abkommens. Darin heißt es, dass sich beide Seiten zu menschenrechtlichen Standards bekennen. Durch die Hilfsgüterblockade Israels im Gaza-Streifen müsse die Gültigkeit überprüft werden, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas Ende Mai an. Deutschland votierte erfolglos gegen die Überprüfung.

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Im Juli unterzeichnete die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger eine Erklärung zur Beendigung des Krieges im Gaza-Streifen, die in Teilen der österreichischen Öffentlichkeit für Empörung sorgte.

Israel-kritische Positionen sind in Österreich höchst umstritten. Die israelische Opposition, die in Israel selbst sehr lebendig gegen den Krieg Netanjahus demonstriert, gibt es in Österreich nicht. Die französische Investigativplattform Mediapart schrieb im Juni einen Artikel mit dem Namen „In Österreich bleibt die Kritik an Israel problematisch“. Laut der Historikerin Margit Reiter von der Universität Salzburg geht das vor allem auf die Regierungsperiode von Sebastian Kurz, einem der engsten Freunde Netanjahus auf dem internationalen Parkett, zurück: „Kurz und sein Team erkannten, dass dieser Vorwurf des Antisemitismus sehr wirksam gegen Kritiker war. Er wurde dann als Instrument der Diffamierung eingesetzt“, sagte Reiter gegenüber Mediapart.  

Israel investiert ins Image in Österreich

Neben Fürsprechern der israelischen Politik wie dem ehemaligen ÖVP-Pressesprecher Daniel Kapp und NEOS-Politiker Sepp Schellhorn tut auch der israelische Staat etwas für die langsam kippende Stimmung in Österreich gegenüber Israel. Seit Juni schaltet die „Israeli Government Advertising Agency“ Online bezahlte Werbung in Österreich. Sie wird über Videoplattformen wie YouTube verbreitet. NEOS-Abgeordnete Stefanie Krisper kritisiert die Werbeeinschaltungen Israels als Fakenews.

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Neben europäischen Staaten wie Spanien und Belgien stellte auch Japan alle Waffenlieferungen an Israel ein, Deutschland zeigt sich immer zögerlicher. Israels Isolation schreitet in Windeseile voran und zwang den Staat mittlerweile dazu, auf die Hungerkatastrophe in Gaza zu reagieren. Auch in Israel nimmt der Druck auf Netanjahu zu. Für den in Korruptionsvorwürfe verstrickten Premier wird es immer enger.


Titelbild: JOE KLAMAR / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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