Dienstag, August 19, 2025

Peršmanhof und Pilnacek: Angriffe der Parteipolizei

Peršmanhof – Ibiza – Identitäre – Pilnacek. Vier Namen beschreiben den Zustand der österreichischen Polizei. Dort hat die ÖVP die Macht übernommen und zeigt, wozu sie fähig ist.

Peršmanhof. Der Polizeieinsatz gegen Antifaschisten an der slowenischen Gedenkstätte war keine Amtshandlung, sondern ein Überfall. Nirgends sonst in Österreich führt eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen den Naturschutz zu einem Großeinsatz mit Hubschrauber, Hunden, Verfassungsschutz und Fremdenpolizei.

Ibiza. Die Kriminalpolizei schützte türkise Täter und verfolgte stattdessen die Leiterin der Ermittlungen, die WKStA. Die WKStA musste das Bundeskriminalamt aus den Ermittlungen ausschließen, um ernsthaft türkise Spuren verfolgen zu können.

Identitäre. Begonnen hat es bei Corona-Demonstrationen in Wien. Seitdem marschieren Rechtsextreme und Neonazis in kameradschaftlicher Begleitung durch die Polizei. Die Identitären können sich darauf verlassen, dass ihnen die Polizei Gegendemonstranten aus dem Weg räumt.

Pilnacek. Beweismittel verschwinden, ein Selbstmord wird erfunden, und die Ermittlungen führen in großem Bogen an hochrangigen Polizisten und ÖVP-Politikern vorbei.

Spuren nach oben

Normalerweise wäre eine Streife der Polizeiinspektion Eisenkappel vorbeigekommen. Auch das zuständige Bezirkspolizeikommando Völkermarkt hätte wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Naturschutzgesetz und dem Campingplatz-Gesetz niemals einen Polizeiangriff mit Sicherheitspolizei, Hundestaffel, Polizeihubschrauben und Verfassungsschutz anordnen können.

Der Befehl, den Peršmanhof anzugreifen, muss von weiter oben gekommen sein. Mit im Verdacht steht Markus Plazer, der stellvertretende Landespolizeidirektor von Kärnten. Bis heute verteidigt er den Polizeiüberfall.

In Wien scheint es nicht viel anders zu sein. Bevor hohe Polizeioffiziere Einsatzbefehle gegen antifaschistische Demonstranten gaben, geleiteten sie einträchtig die Identitären, die an der Spitze der Corona-Demonstranten marschierten, quer durch die Innenstadt.

In der Affäre „Ibiza“ sorgte mit Andreas Holzer der Direktor des Bundeskriminalamts für Ermittlungen, von denen die FPÖ viel und die ÖVP kaum etwas zu befürchten hatte. Bei Pilnacek führt die türkise Polizeikette zu Bundespolizeidirektor Michael Takacs und damit noch weiter nach oben.

Organisierte Polizei

Peršmanhof – Ibiza – Identitäre – Pilnacek. ÖVP und Neonazis gilt die Polizei heute als Freund und Helfer. Für diejenigen, die als Journalisten, Abgeordnete oder einfach als Antifaschisten auf der anderen Seite stehen, wird dieselbe Polizei immer öfter zur Bedrohung.

Wie ist es so weit gekommen? In den letzten beiden Jahrzehnten haben sich viele Polizisten der AUF und damit der FPÖ angeschlossen. Die uniformierte Polizei ist ein Stück nach rechts abgerutscht. Doch die FPÖ ist auch hier nicht mehr als ein Gradmesser und Beschleuniger einer Entwicklung, die andere Ursachen hat.

Ursache 1: Unzufriedenheit

Gehalt, Arbeitszeiten – das sind zwei Gründe für die grassierende Unzufriedenheit. Der dritte und wichtigste ist wohl, dass sich viele in der Polizei im Stich gelassen fühlen, weil sie oft ausbaden, was andere von Bildung bis Integration vernachlässigt haben.

Ursache 2: ÖVP

Seit dem Jahr 2000 hat die ÖVP aus der Polizei einen Sicherheitsbund der ÖVP gemacht. Oben ist längst alles schwarz und türkis. Die Farbe der Innenministerpartei sickert immer weiter nach unten.

Von Ernst Strasser, Günter Platter und Maria Fekter bis Johanna Mikl-Leitner, Wolfgang Sobotka, Karl Nehammer und Gerhard Karner haben Innenminister aus einer österreichischen eine Organisierte Polizei gemacht.

In zwanzig Jahren hat man überall in der Polizei gelernt, was man zu tun hat, wenn man zwischen Gesetzbuch und ÖVP-Parteibuch entscheiden muss. Heute gehört die Polizei erstmals zum Machtbereich einer einzigen Partei. Diese Partei kontrolliert gleichzeitig große Teile der Strafjustiz, über Eigentümer wie Raiffeisen wichtige Zeitungen und über ihre Stiftungsräte weite Bereiche des ORF.

Eskalation befeuert

Ihre Minister entscheiden, wer Regierungsinserate erhält. Das merkt man, auch wenn es um den Peršmanhof geht und Kleine Zeitung-Herausgeber Hubert Patterer zur Verteidigung des Polizeiüberfalls antritt. Der Klub der slowenischen Studierenden in Wien, der das Camp am Hof veranstaltete, steht nach Patterer „nicht auf der Watch List“. Aber das ist egal, weil Patterer das Motiv des Überfalls verteidigt: „Dass die Behörden wissen wollen, wer sich dort trifft, erscheint plausibel.“

Patterer weiß, dass die Polizisten kein Recht hatten, mit Gewalt Identitätsfeststellungen durchzuführen. „Ausweis, sonst nehmen wir dich mit!“ – das gab es unter dem austrofaschistischen Kanzler Dollfuß aus Gerhard Karners Heimatgemeinde Texingtal. Heute, in einer Republik, in der Antifaschismus in Verfassungsrang steht, ist das längst illegal.

Aber Patterer hat Verständnis: „Die Identität zu verweigern, hat die Eskalation mit befeuert.“ Wer sich einer gesetzwidrigen Überprüfung verweigert, ist mit schuld, wenn es kracht.

Stationen

Vor 2000 hätte es wegen Peršmanhof, Identitären-Demos oder Pilnacek wohl Rücktritte in Behörde und Politik gegeben. Seit Schüssels Wende sind diese Zeiten vorbei. Wer die Partei schützt, kann sich auf den Schutz der Partei verlassen.

So wird das Netz, unter dem Rechtsstaat und Pressefreiheit erstickt werden, immer dichter. Das Vertrauen in Polizei, Staatsanwaltschaften und Medien wird stückweise ruiniert, auch weil man weiß, dass die Zahl der Menschen, die Rechtsstaat und Pressefreiheit verteidigen, damit ständig sinkt.

Damit wird der Boden für die zweite Wende nach rechts vorbereitet. Heuer im Februar ist sie nur an Herbert Kickl gescheitert. Die ÖVP war längst an Bord und hat dort vergeblich auf Kapitän Kickl gewartet.

Mit Viktor Orbán haben ÖVP und FPÖ ein Vorbild. In Budapest können beide genau studieren, wo sie den Punkt erreichen, ab dem es keinen Weg zurück in die freie, offene Gesellschaft gibt.

Peršmanhof und Pilnacek sind die Stationen, die gerade am Weg dorthin passiert werden.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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