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Grande Finale im U-Ausschuss: Sobotka und Antikorruptionsbehörde im Fokus

Grande Finale im U-Ausschuss: Sobotka und Antikorruptionsbehörde im Fokus

Grande Finale im U-Ausschuss:

In der vorerst letzten Woche des ÖVP-Korruptions-Ausschusses muss der umstrittene Vorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) Auskunft geben. Außerdem im Fokus: die Antikorruptionsbehörde im Innenministerium, das BAK.

Wien, 13. Juli 2022 | Der dieswöchige U-Ausschuss-Endspurt beginnt mit einem lang erwarteten Auftritt: Wolfgang Sobotka (ÖVP) wechselt am Mittwoch vom Vorsitzenden-Sessel auf den der Auskunftsperson. Er ist vor allem als Ex-Innenminister geladen. Auf ihn folgen zwei weitere Beamte aus dem Innenministerium (BMI), genauer gesagt aus dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK). Primär wird es wohl um Postenbesetzungen gehen und um jene schwarzen Netzwerke, die die ÖVP, wie Chats nahelegen, im Polit-Komplex gesponnen hat.

Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Wolfgang Sobotka (ÖVP) war zwar nur etwas über ein Jahr Innenminister (2016 bis 2017, seit 2017 ist er Erster Nationalratspräsident). Die kurze Amtszeit des Historikers und Musikpädagogen darf aber nicht über seine Bedeutung in der österreichischen Innenpolitik hinwegtäuschen. Von 1998 bis 2016 war Sobotka Landesrat in Niederösterreich und damit Teil der mit Abstand mächtigsten ÖVP-Landesorganisation – von 2009 bis 2016 sogar als Landeshauptmann-Stellvertreter unter dem „Landesfürsten“ Erwin Pröll. Außerdem war er von 2011 bis 2020 Landesobmann für den niederösterreichischen Zweig des Österreichischen Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenbunds (ÖAAB), der zweitgrößten ÖVP-Teilorganisation.

BMI-Chats vom Handy seines ehemaligen Kabinettschefs Michael Kloibmüller weisen darauf hin, dass unter Sobotkas Leitung das Innenressort Dreh- und Angelpunkt für Absprachen und Gefallen bezüglich diverser Postenbesetzungen gewesen war, speziell in der Polizei. Peter Pilz hatte die Chats im Februar der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übergeben. Diese leitete Ende März ein Ermittlungsverfahren gegen Sobotka wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch ein. Es gilt die Unschuldsvermutung. Sobotka reagierte gegenüber der „ZiB 1“ mit der Aussage, er habe noch nie gegen das Gesetz verstoßen.

Auch nach Bekanntwerden der Ermittlungen wollte Sobotka nichts von einem Rückzug vom U-Ausschuss-Vorsitz wissen. Schon im Vorfeld des U-Ausschusses hatten die Opposition und auch der grüne Koalitionspartner Sobotka nahelegt, den Vorsitz aufgrund seiner Nähe zum Untersuchungsgegenstand abzugeben.

Otto Kerbl

Otto Kerbl übernahm 2020 interimistisch die Leitung des Bundesamts zur Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK). Zuerst hatte Lukas Berghammer BAK-Leiter Andreas Wieselthaler abgelöst, der sich nach Vorwürfen sexueller Belästigung zurückzog, die Anschuldigungen aber zurückwies. Wieselthaler wurde, auf eigenen Wunsch, wie es heißt, intern versetzt. Eine Disziplinarkommission sollte die Vorwürfe überprüfen. Noch im selben Jahr übernahm dann Kerbl die Leitung, wann genau, ist nicht bekannt.

Seit 2014 war Kerbl jedenfalls Leiter der BAK-Abteilung für Ressourcen, Support und Recht gewesen. Das ist eine jener drei Abteilungen, in die das BAK gegliedert ist. Wohl mit seinem Wechsel an die Behördenspitze übernahm diesen Posten jemand anderer. Allerdings ist die Stelle bis heute „interimistisch“ besetzt, wie auf der BMI-Website zu lesen ist. Die beiden anderen Abteilungsleitungen sind einerseits unbesetzt und andererseits interimistisch besetzt. Den Hauptabteilungen unterstehen insgesamt zehn Referate, von denen derzeit drei ohne Leitung sind, wie auf der BMI-Website ersichtlich ist – unter anderem das für allgemeine Korruptions- und Begleitdelikte und das für Interne Angelegenheiten.

Der BAK-Leitungsposten ist erst im März 2022 neu ausgeschrieben und bisher noch nicht vergeben worden. Wer sich beworben hat oder wie viele Personen, ist nicht bekannt. Die Neubesetzung ist jedenfalls Teil einer Reform, die bereits 2020 angekündigt wurde und über den der damalige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) Anfang 2021 sagte, sie sei bereits „weit fortgeschritten“. Anfang Mai 2022 antwortete Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) auf eine parlamentarische Anfrage von NEOS, die Reform habe sich wegen der Corona-Pandemie verzögert. NEOS sprechen von überfälligen Reformen und nicht eingehaltenen Versprechen der Regierung. Sie vermuten, dass das BAK bewusst lahmgelegt worden ist – unter anderem durch einen verzögerten Reformprozess und vakante Posten. Innerhalb des BMI soll es übrigens heißen, Kerbl sei interimistisch für alle unbesetzten Posten zuständig.

Die Antikorruptionsbehörde ist im Innenministerium angesiedelt und soll Korruption vorbeugen, verhindern und bekämpfen. Dafür arbeitet das BAK etwa mit der WKStA zusammen, auch bei den Ibiza-Ermittlungen.

Martina K.

Martina K. war bis zu ihrer kürzlichen Pensionierung Leiterin der BAK-Abteilung für Prävention, Edukation und internationale Zusammenarbeit. Die Opposition dürfte sich von ihr Antworten über ein Evaluierungsverfahren erhoffen, das Österreich gerade als Mitglied der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (Group of States against Corruption, kurz GRECO) durchläuft. Ziel der Gemeinschaft ist es, Korruption einzudämmen.

Österreich ist 2006 Mitglied geworden und seitdem zu diversen Bereichen geprüft worden. Seit November 2021 läuft die fünfte Evaluierungsrunde betreffend „Korruptionsprävention und Förderung von Integrität in Zentralregierungen und Strafverfolgungsbehörden“.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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