Das Höchstgericht wertete die günstige Überlassung des Grundstücks an die Sozialistische Jugend nicht als Parteispende. Doch der Fall geht zurück ans Bundesverwaltungsgericht.
Wien, 15. Juli 2022 | Die “Causa Attersee” ist für die SPÖ noch nicht ausgestanden. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof der Partei im Rechtsstreit um ein Seegrundstück am oberösterreichischen Badesee teilweise recht gegeben. Wie ein Sprecher des Höchstgerichts der APA am Freitag sagte, geht die Causa nun aber zurück zum Bundesverwaltungsgericht. Dort wird nun eine neue Strafe für jene Grundstücksteile festgelegt, deren günstige Nutzung durch die SP-Jugend gemäß dem aktuellen Urteil unzulässig ist.
Hintergrund des jahrelangen Rechtsstreits: Das Land Oberösterreich hat den Jugendorganisationen von SPÖ und ÖVP seit den 1960er Jahren Grundstücke am Attersee (SPÖ) bzw. Mondsee (ÖVP) zur Verfügung gestellt – und zwar um einen symbolischen Pachtzins von zuletzt zehn Euro pro Jahr. Der Rechnungshof wertete die günstigen Pachtverträge jedoch als Parteispenden des Landes Oberösterreich – und solche sind der öffentlichen Hand seit 2012 verboten.
Die SPÖ wurde daher für die Jahre 2017, 2018 und 2019 zu jeweils 45.000 Euro Geldbuße verurteilt, die ÖVP sollte für 2017 und 2018 jeweils 70.000 Euro bezahlen (seit 2019 bezahlt die “Junge Volkspartei” einen marktkonformen Mietzins für ihre Immobilie am Mondsee).
Geldbuße gegen SPÖ aufgehoben
Während der Verwaltungsgerichtshof die Strafe gegen die ÖVP in einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung bestätigt hat, wurde die gegen die SPÖ verhängte Geldbuße aufgehoben. Grund dafür ist die Historie des Grundstücks: Für einen Teil der Immobilie hat die Sozialistische Jugend in der Nachkriegszeit nämlich ein 99-jähriges Nutzungsrecht erhalten. Dies war eine Bedingung der ursprünglichen Eigentümer, die das in der NS-Zeit enteignete und dann zurückerstattete Grundstück an das Land Oberösterreich verkauft hatten.
Heute hat der VwGH ein Urteil in der Causa #Europacamp gesprochen.
Der VwGH stellt eindeutig fest: Die Grundstücke, die von Holocaust-Überlebenden an das Land OÖ verkauft wurden (unter der Bedingung, dass die SJ dort ein Jugendcamp errichten kann) sind keine Parteispende!
(1/)
— Paul Stich (@paul_stich_) July 14, 2022
Wir prüfen aktuell das Urteil und seine weiteren Auswirkungen auf das Europacamp. Wir sind jedoch sehr zuversichtlich, dass auch in Zukunft den Wunsch der Holocaust-Überlebenden und der freie Seezugang für die Bevölkerung am Attersee gesichert werden kann.
(5/5)
— Paul Stich (@paul_stich_) July 14, 2022
Daher erklärten die Höchstrichter die niedrige Pacht für diesen Teil der Liegenschaft für zulässig. Für die anderen Teile muss das Bundesverwaltungsgericht nun einen marktkonformen Mietzins ermitteln und auf dieser Basis eine neue Geldbuße festlegen. Bei dieser Gelegenheit kann das Bundesverwaltungsgericht auch die beiden Geldbußen neu festsetzen, die für die Jahre 2018 und 2019 bereits gegen die SPÖ verhängt wurden.
Werter Herr @hattmannsdorfer wäre es nicht Zeit für eine öffentliche Entschuldigung? Für all den Schmarrn und die Unwahrheiten die Sie dazu verbreitet haben?#europacamp #attersee https://t.co/NcY9FiTzjT
— georg brockmeyer (@schorsch) July 15, 2022
Der geschäftsführende Vorsitzende der oberösterreichischen SPÖ, Michael Lindner, zeigte sich am Rande einer Pressekonferenz am Freitag grundsätzlich erfreut über das Urteil: “Wir fühlen uns inhaltlich bestätigt, dass der Wille von Holocaust-Überlebenden respektiert werden muss”, sagte er. Zu weiteren Schritten und allfälligen veränderten Pachtsätzen für jene Teile des Areals, die nicht von der Auflage des symbolischen Pachtzinses betroffen sind, wollte er sich noch nicht äußern. Man sei derzeit noch in der Prüfung des Urteils.
(apa/red)
Titelbild: APA Picturedesk