Bericht Meinung Drei Sargnägel für Herbert Kickl Peter Pilz - 10.2.2025 20 Wenn die Regierungsverhandlungen mit der ÖVP platzen, liegt vor Herbert Kickl statt eines sicheren Wahlsiegs ein Minenfeld. Drei Sargnägel warten. Der FPÖ-Chef steht vor dem Kanzleramt, mit den Schlüsseln in der Hand. Nicht nur in seiner Partei fragen sich alle: Wird er sie wegwerfen? In der FPÖ gibt es seit langem zwei Flügel. Der eine drängt an den Futtertrog. Fünf Jahre ohne das große Mitfressen waren kaum auszuhalten. Der andere will mehr, auch, weil der Hauptpunkt in seinem Programm die blinde Wut auf alles ist. Wut gegen Gier – darum geht es momentan bei der Vorbereitung der großen freiheitlichen Entscheidung. Die Wutfraktion könnte Oberwasser gewinnen, auch, weil ihre Chancen von ratlosen Beobachtern in den Himmel geschrieben werden. Das Problem bei Kommentatoren und „Politik-Experten“ ist meist eines: Ihre Expertise ist Tageswissen und meist schnell überholt. Ich glaube, dass die Aussichten von Kickl und seiner Partei weit schlechter sind als es die Kickl-Zitterer in den traditionellen Medien beschreiben. Das hat drei Gründe, die zu drei Sargnägeln werden können. Sargnagel 1: Expertenregierung Herbert Kickl hat den ersten Bogen überspannt. Kaum jemand versteht, warum es immer noch keine Regierung gibt. Im Büro des Bundespräsidenten hat man registriert, dass jetzt auch die Kronen Zeitung als Pulsmesserin der FPÖ-Wählerschaft erkennt: Der Geduldsfaden reißt. Wenn Van der Bellen nächste Woche seine Liste für ein Kabinett der Expertinnen und Experten präsentiert, wird er kaum den Bierlein-Fehler wiederholen. Damals hatte er sich mit Übergangskanzlerin Brigitte Bierlein viele auf ihrer Liste von Sebastian Kurz aufdrängen lassen. Überall dort, wo Experten Lösungen finden sollten, saßen ÖVP-verlesene Kabinettschefs und passten auf, dass alles in die Vorbereitung der nächsten Kurz-Wahl passte. Das wird jetzt wohl anders. Eine gut vorbereitete Expertenregierung könnte zeigen, wie ruhig, besonnen und mit Sachverstand erste Probleme angegangen und gelöst werden. Von SPÖ, Neos und Grünen bis zu Gewerkschaften und den EU-orientierten Teilen der Wirtschaft könnte sie mit einer Unterstützung, die immer weiter in die ÖVP reichen würde, rechnen. Mit jeder Woche ruhiger Sachpolitik würden sich mehr FPÖ-Wählerinnen die Frage stellen, warum sie eine erfolgreiche Expertenregierung durch ein Kickl-Experiment ersetzen sollte. Egal, ob sich aus der Expertinnenregierung eine neue Liste formt oder sie „nur“ von der FPÖ vorzeitig gestürzt wird – sie wird der erste Sargnagel für Herbert Kickl. Sargnagel 2: Liste „Kurz“ Sebastian Kurz will zurück. Mit Elon Musks Hintermann Peter Thiel hat er neue Medienmacht und Geld hinter sich. In der ÖVP sehnen sich in allen Bundesländern die Jünger, die er selbst installiert hat, nach seiner Auferstehung. Die ÖVP ist 2024 auf ihre Stammwählerschaft geschrumpft. Dort ist für Kurz nicht mehr viel zu holen. Seine Zielgruppe sind die Hunderttausenden, die von der ÖVP zur FPÖ gewandert sind und jederzeit bereit scheinen, den nächsten Schritt zu gehen. Mit Kurz hat der Inseraten-Boulevard plötzlich eine lohnende Alternative zur wenig zuverlässigen FPÖ. Sebastian Kurz ist der zweite Sargnagel für Kickl. Sargnagel 3: Kickl Kickl, so erklären mir meine Freunde aus dem Fach, zeigt alle Symptome einer schweren narzisstischen Polit-Kränkung. Das ist kein Wunder. Kein FPÖ-Chef vor ihm ist öffentlich derart verspottet und verhöhnt worden. Als Ibiza über die FPÖ hereinbrach, schaffte es Kurz, den völlig unbeteiligten Innenminister Kickl durch den Bundespräsidenten aus der Regierung säubern zu lassen. Im Gegensatz zu Strache war Kickl nie brav. Er verhielt sich in seinem Ressort so, wie man es sonst nur von ÖVP-Ministern gewohnt war. Die ÖVP-Medien zeigten ihm mit aller Härte, dass das nicht geduldet würde. Kickl wird das alles der ÖVP nie verzeihen. Egal, ob er ihr gegenübersteht oder mit ihr im Bett liegt – er wird sie immer bekämpfen. Er kann nicht anders. Irgendwann wird das wohl für die ÖVP zu viel, und sie wird aus dem Bett flüchten, wenn sie noch kann. Damit scheint das Schicksal einer Koalition mit ihm so oder so besiegelt. Herbert Kickl ist sein dritter und vielleicht wichtigster Sargnagel. Deckel zu Jeder dieser Nägel ist für die FPÖ ein Grund, nicht blind den Weg in Neuwahlen zu gehen. Einige Vertraute in der unmittelbaren Nähe ihres Chefs verfügen über ausreichende strategische Kenntnisse und wissen, dass der blaue Weg in Neuwahlen bergauf, aber auch an einen neuen Abgrund führen kann. Mit drei Nägeln, so sagen mir erfahrene Tischler, ist der Deckel zu. Herbert Kickl hat einige blaue Särge gesehen. Er wird das wohl wissen. Titelbild: Christopher Glanzl – ZackZack-Montage Autor Peter Pilz Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack. 20 Kommentare Meisten Bewertungen Neueste Älteste Inline Feedbacks Zeige alle Kommentare Weitere Kommentare anzeigen