Heute ist der weltweite Antikorruptionstag. Die Lage in Österreich ist trist, wie nicht zuletzt das im Sommer veröffentlichte Korruptionsbarometer von Transparecy International zeigt. Seither dürfte sich, besonders nach der Inseratenaffäre rund um Ex-Bundeskanzler Kurz, nicht viel gebessert haben.
Wien, 9. Dezember 2021 | Viel wurde von der türkis-grünen Regierung bei ihrem Antreten im Jänner 2020 angekündigt, um Korruption entgegenzuwirken. Doch weder das geplante Informationsfreiheitsgesetz (eine de facto-Abschaffung der Amtsgeheimnisses), die Weiterentwicklung des Lobbyinggesetzes, oder das Verbot des Mandatskaufes sind bisher umgesetzt.
Dafür durfte sich die Republik über mit Steuergeld mutmaßlich gekaufte Umfragen und Berichterstattung, auch bekannt als „Inseratenaffäre“ rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz, auseinandersetzen. Auch die Weigerung des Ex-Finanzministers Gernot Blümel, Akten an den Ibiza-U-Ausschuss zu liefern, bis hin zum Einschreiten des Bundespräsidenten inklusive Exekution im Finanzministerium, haben ihre Spuren im Land hinterlassen.
Verheerender Korruptionsbarometer
Doch nicht nur Korruption auf höchster Ebene macht Österreich zu schaffen. Erst im Sommer veröffentlichte Transperacy International (TI) das jährliche Korruptionsbarometer. Für Österreich ergibt sich darin im EU-Vergleich ein verheerendes Bild. Neun Prozent der Bevölkerung, welche eine öffentliche Dienstleistung in Anspruch genommen haben, gaben an, dafür Bestechungsgelder bezahlt zu haben. EU-weit sind es nur sieben Prozent.
Auch die gute alte „Freunderlwirtschaft“ ist hierzulande weiter verbreitet als im EU-Schnitt. 40 Prozent der Befragten haben mit Stand Sommer 2021 in den letzten 12 Monaten persönliche Kontakte genutzt, um eine bessere öffentliche Dienstleistung zu erhalten. Innerhalb der EU sind es im Durchschnitt nur 33 Prozent.
Besonders besorgniserregend: In Österreich ist weniger als die Hälfte der Bevölkerung überzeugt, durch eigenes Handeln etwas in punkto Korruption zu verbessern. Der EU-Schnitt liegt hier bei 67 Prozent. „Die Umfragedaten geben Anlass zu Sorge und müssen als Weckruf dienen! Verlorenes Vertrauen innerhalb der Bevölkerung wieder zurückzugewinnen ist sehr schwer. Ob diese Zahlen in den nächsten Jahren unter anderem durch die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts verbessert werden, bleibt abzuwarten. Die Umfrage verdeutlicht, dass Minimallösungen beim Thema Transparenz für die Bevölkerung nicht akzeptabel sind“, meint Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria.
In der Politik müssten aufgrund dieses Ergebnisses alle Alarmglocken schrillen, hieß es schon damals vonseiten TI.
Auch beim letzten Korruptionsindex, der im Jänner 2021 veröffentlicht wurde, ist Österreich innerhalb eines Jahres um drei Ränge auf Platz 12 abgerutscht.
Anti-Korruptionsvolksbegehren
Handlungsbedarf sieht man auch bei den Initiatoren des Anti-Korruptionsvolksbegehrens und der Bürgerinitiative “Saubere Hände”. Das zentrale Anliegen ist eine ernsthafte Auseinandersetzung und Bekämpfung von Korruption: “Österreich hat seit Jahrzehnten ein unübersehbares und strukturelles Problem mit Korruption. Unser Land läuft damit zunehmend Gefahr zu einem rechtsstaatlichen Außenseiter Europas zu werden. Das hat tiefer liegende Ursachen. Postenschacher, Freunderlwirtschaft und Ämterpatronage, Druck auf Kontrollorgane wie Justiz und Medien, Gesetzeskauf, intransparente Parteienfinanzierung, Misswirtschaft, Beschaffungs- Privatisierungs- und Bankenskandale: all das kostet uns jährlich Milliarden Euro an Steuergeld.”
Und: “Korruption unterwandert unsere Demokratie und die Reputation, die der Wirtschaftsstandort Österreich so dringend braucht. Korruption untergräbt unseren sozialen Zusammenhalt und zwischenmenschliches Vertrauen. Korruption unterhöhlt den Rechtsstaat”, heißt es beim Volksbegehren. Der Welt-Antikorruptionstag ist auch der letzte Tag, um dieses Volksbegehren mit seiner Stimme zu unterstützen.
ÖVP-Korruptionsausschuss heute eingesetzt
Ungeplant, aber doch mit Symbolgehalt, wird heute auch der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss im Parlament offiziell eingesetzt. Der Ausschuss befasst sich mit der Frage der Gewährung von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen. Auch Vorbereitungshandlungen zum „Projekt Ballhausplatz“, die Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit (Stichwort „System Pilnacek“ und die Arbeit der SOKO Ibiza) und Begünstigung bei der Personalauswahl stehen am Programm. Der Ausschuss wurde auf Verlangen von SPÖ, FPÖ und NEOS eingesetzt und untersucht den Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021.
(bp)
Titelbild: APA Picturedesk