Die ÖVP-Abgeordneten Andreas Hanger und Ernst Gödl zeigten WKStA-Beamte an. Die Staatsanwaltschaft Linz prüft noch die Vorwürfe.
Wien, 16. Juni 2021 | Am vergangenen Mittwoch kündigte Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Anzeigen gegen einzelne Ermittler der WKStA an. Tatsächlich hatten die Abgeordneten Hanger und Ernst Gödl schon am 07. Mai eine Anzeige wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Es geht um die Lieferung von Chats aus Handyauswertungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss. Andreas Hanger nannte Oberstaatsanwalt Matthias Purkart namentlich, auch sein Kollege Gregor Adamovic war in der Vergangenheit wiederholt zur Zielscheibe türkiser Angriffe geworden.
Die Staatsanwaltschaft Linz erklärt gegenüber ZackZack, dass sie derzeit den Anfangsverdacht prüfe. Ein Ermittlungsverfahren sei noch nicht eingeleitet. Die Linzer Staatsanwaltschaft hatte am Freitag weitere Schritte für die nächsten Tage bekanntgegeben. Die Prüfung des Anfangsverdachts läuft aber immer noch. Auch das Linzer Landesgericht bestätigt: bei Gericht wurde keine Ermittlungsmaßnahmen gegen die WKStA-Beamten beantragt.
„Störaktionen“
WKStA-Gruppenleiter Bernhard Weratschnig hatte vergangene Woche als Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss gesagt: “Vieles was in den letzten zwei Jahren passiert ist, hätte ich nicht für möglich gehalten.” Gemeint waren „Störaktionen“ der Oberbehörden. WKStA-Ermittlerin Christina Jilek hatte deshalb das Handtuch geworfen. Sie unterstützt nun das Antikorruptionsvolksbegehren, das am Dienstag präsentiert wurde.
ZackZack berichtete letzte Woche vom Plan hochrangiger Justizbeamter, unter Ausnutzung des Beamtendienstrechts an die Mails der WKStA-Ermittler zu kommen. Auch Sebastian Kurz war laut Chatnachrichten von Sektionschef Christian Pilnacek über diese Pläne informiert. Der Plan scheiterte.
Nun sollen Handys und Mails über den Weg strafrechtlicher Ermittlungen gegen die WKStA-Leute sichergestellt werden. Die Anzeige der ÖVP-Abgeordneten wurde auf Anweisung der Generalprokuratur von Wien an die Linzer Staatsanwaltschaft delegiert, wohl weil auch die Oberstaatsanwaltschaft Wien als zuständige Fachaufsicht in die Lieferung der Chats eingebunden war. Warum gerade Linz ausgewählt wurde, wollte die Generalprokuratur auf ZackZack-Anfrage nicht erklären.
Scharfe Kritik an Angriffen auf Justiz
Die ständigen Angriffe von ÖVP-Politikern auf die Justiz, insbesondere auf einzelne Ermittlungsbeamte, hatten in den letzten Wochen Sorge und scharfe Kritik verursacht. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, nannte sie “grenzüberschreitend”. Matejka zog Vergleiche zu Polen und Ungarn, der österreichische Rechtsstaat sei „nicht unzerstörbar“.
Justizministerin Alma Zadic hatte angekündigt, “Einschüchterungsversuche” gegenüber Justizbeamten nicht zu tolerieren. Gemeinsam mit der Opposition forderten die Grünen ein Ende der ÖVP-Angriffe auf die Justiz. „Dieses Verhalten ist einer bürgerlichen Partei unwürdig“, sagte Grünen-Klubchefin Sigi Maurer in Richtung des Koalitionspartners. Selbst der ÖVP-Landeshauptmann der Steiermark riet seiner Partei in der ORF-„Pressestunde“, die Justiz nicht weiter anzugreifen. Verfassungsrechtler Heinz Mayer – auch er Unterstützer des Antikorruptionsvolkbegehrens nannte die Attacken der ÖVP auf Justizbeamte „schamlos und gefährlich.“
(tw)
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