Nach einem kritischen Ö1-Bericht über die Wahlkampfkosten der ÖVP Niederösterreich, griff der Landesgeschäftsführer einen einzelnen Journalisten an. Es ist nicht das erste Mal, dass er gegenüber kritischen Medien auffällig wurde.
St. Pölten, 19. Jänner 2023 | Das Nervenkostüm der ÖVP Niederösterreich (NÖ) dürfte derzeit sehr dünn sein. Nachdem ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Dienstag im Ö1-Mittagsjournal zu Gast war und sich dort mit kritischen Fragen zu Wahlkampfkosten der Volkspartei auseinandersetzten musste, griff er noch am selben Tag den Interviewer in einem Partei-Video an.
Ebner sollte gegenüber Ö1 Stellung beziehen, ob die ÖVP in diesem Wahlkampf die Obergrenze einhalten würde. Nachdem die Volkspartei 2013, 2017, laut Ansicht des Rechnungshofes auch 2019 die Obergrenze im Bund, aber auch bei der Landtagswahl in Niederösterreich 2018 gesprengt hatte, eine naheliegende Frage von Ö1-Journalist Stefan Kappacher. Ebner versicherte, dass die Volkspartei NÖ diesmal wirklich nicht mehr als die gesetzliche Grenze von sechs Millionen Euro überschreiten werde. Die pompösen Veranstaltungen, den blau-gelben Fuhrpark und die zahlreichen Plakate habe er aber noch nicht abgerechnet.
ÖVP-Jubelformat greift einzelnen Journalisten an
Am Mittwoch war der Frust über das Ö1-Interview bei Ebner selbst und ÖVP-NÖ-Pressesprecher Günther Haslauer sichtlich groß. Gemeinsam nahmen die beiden in ihrer regelmäßigen Reihe „Niederösterreich Briefing“ – ein Jubelformat für die ÖVP Niederösterreich – eine neue Folge auf.
Dort knöpften sie sich Kappacher vor. Haslauer leitete das Segment „Was ist die Schattenseite des Wahlkampfs“ so ein: „Wir zwei kennen ja den Herrn Kappacher von Ö1 schon länger. Er ist ein sehr spezieller Redakteur, der quasi auch immer seine eigene Meinung wahrscheinlich wichtiger nimmt als die der Politik. Also heute hat er die fast ein bisschen zu ‘wüd zamgschnitten’.“
Landesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter Ebner, der Gefahr lief, sich ein steifes Genick vor Zustimmung zu bescheren, nahm die Rutsche des Kollegen sichtlich dankbar an. Ebner: „Ich bin es ja gewohnt, dass er immer nur das rausnimmt, damit er möglichst a schlechte Gschicht zambringt. Heute ist es um Wahlkampfkostenobergrenzen in Niederösterreich gegangen und ja ich habe darüber informiert, das Niederösterreich nicht die höchsten Wahlkampfkosten pro Wahlberechtigten hat.“
Dass Ö1 Ebners Statement nicht verwendete, stieß auf Unverständnis beim Partei-Geschäftsführer. Der legte gegen Kappacher nach: „Trotzdem hat er die schlechtesten Aussprüche fast schon Wörter aneinandergereiht, damit er ja eine schlechte Geschichte zambringt. Herr Kappacher ist so, wie er ist. Er macht lieber gern Politik über seine Medien, als dass er berichtet, um was es geht. Das ist sein Zugang. Wir müssen nächstes Mal vermutlich nur mehr Ja oder Nein sagen auf seine Fragen und sonst nichts mehr.“ Das Tandem der parteiischen ÖVP-Medienkritik schloss ihren Themenblock gegen Ö1 und fuhr mit einer Jubelmeldung über Johanna Mikl-Leitner fort, die sich Ex-Skifahrer Felix Neureuther als Radbotschafter geangelt habe.
Kappacher: “ÖVP NÖ ist es gewohnt, dass sie sich O-Töne aussuchen kann”
Kappacher reagierte am Mittwochabend auf die ÖVP-Kritik souverän: „Die ÖVP NÖ ist es gewohnt dass sie sich O-Töne aussuchen kann – wie jetzt dokumentiert ist. Wenn dem Herrn Ebner ein kritischer Beitrag nicht passt, wird der Gestalter diskreditiert.“
Die ÖVP NÖ ist es gewohnt dass sie sich O-Töne aussuchen kann – wie jetzt dokumentiert ist. Wenn dem Herrn Ebner ein kritischer Beitrag nicht passt wird der Gestalter diskreditiert. Im Video ab Minute 4:00 zu sehen. https://t.co/snBomtCgo4
— Stefan Kappacher (@KappacherS) January 18, 2023
Ebner und Haslauer sind übrigens keine Unbekannten für ausufernde „Medienkritik“, wenn kritische Berichte über die ÖVP Niederösterreich erscheinen. Als ZackZack über Ermittlungen rund um die Inseratencausa in Niederösterreich berichtet hatte, bezeichnete man ZackZack abfällig als „Alpenbreitbart“.
(bf)
Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com